Einleitung: Die stillschweigende Explosion der Schulkosten
Als Eltern stehen wir jedes Jahr vor demselben Rätsel: Wie können einfache Schulhefte, Bleistifte und Schultaschen so unverschämt teuer sein? Die Realität im September 2025 ist ernüchternder denn je: Während die Klassenzimmer langsam wieder gefüllt werden, leeren sich die Geldbörsen der Familien in alarmierendem Tempo. Die Kosten für den Schulbeginn sind nicht mehr nur ein lästiges Übel, sondern haben sich zu einer echten sozialen Schieflage entwickelt. Aktuelle Daten zeigen, dass Familien in Deutschland und Österreich heute bis zu ein Viertel mehr für den Schulstart ausgeben müssen als noch vor der Pandemie . Doch hinter diesen nackten Zahlen verbergen sich noch tiefgreifendere Probleme: ungleiche Bildungschancen, unzureichende staatliche Unterstützung und ein Teufelskreis aus versteckten Bildungskosten. In dieser Analyse gehen wir der Frage nach, warum der Schulstart 2025 zur finanziellen Zerreißprobe wird und was das für die Zukunft unserer Kinder bedeutet.
Die aktuelle Kostenexplosion: Zahlen und Fakten
Durchschnittsausgaben im Vergleich 2023–2025
Laut der aktuellen Consumer Check-Studie des Handelsverbands in Österreich sind die Pro-Kopf-Ausgaben zum Schulbeginn auf 126 Euro gestiegen – ein Anstieg um satte 25 Prozent im Vergleich zum Vorjahr . In Deutschland sieht die Situation nicht besser aus: Eine nicht-repräsentative Umfrage der Landeselternbeiräte in Schleswig-Holstein bezifferte die jährlichen Kosten für Verbrauchsmaterialien und Arbeitsmittel bereits 2023 auf rund 210 Euro . Die Preisvergleichsplattform Idealo geht sogar von durchschnittlichen Kosten von knapp 200 Euro pro Schuljahr nur für Arbeitsmaterialien und Schulausstattung aus .
Bundesländervergleich: Regionale Unterschiede
Interessant sind die regionalen Unterschiede: In Österreich wird in Wien, Kärnten und der Steiermark mit 131 Euro pro Kopf am meisten ausgegeben, während im Burgenland und Niederösterreich mit 116 Euro die niedrigsten Ausgaben verzeichnet werden . In Deutschland ist ein ähnliches Ost-West-Gefälle festzustellen: Während die Einschulungsfeier im Westen Deutschlands durchschnittlich 377 Euro kostet, werden in Ostdeutschland 867 Euro veranschlagt .
Tabelle: Durchschnittliche Schulstart-Kosten im Vergleich 2025
Position | Deutschland (in €) | Österreich (in €) | Anstieg seit 2024 |
---|---|---|---|
Schultasche/Ranzen | 120–300 | k.A. | +17% |
Schreibwaren | 70–80 | k.A. | +1,7% |
Schulbücher | k.A. | k.A. | +3,8% |
Einschulungsfeier | 377–867 | k.A. | k.A. |
Gesamtkosten | 575 | 126 | 25% |
Die größten Kostentreiber: Wo Eltern besonders bluten müssen

1. Schulranzen: Der teuerste Posten
Ein quality Schulranzen mit ergonomischer Qualität kann schnell 250 Euro kosten . Manuel Roth, Inhaber eines Schreibwarengeschäfts in Leipzig, bestätigt: „Der Schulranzen liegt so zwischen 250 und 300 Euro. Das ist dann aber ein komplettes Schulranzen-Set, also wo dann auch die Sporttasche mit dazugehört“ . Besonders bitter: Gerade bei diesem Posten spielt die Sicherheit eine cruciale Rolle – DIN-geprüfte Modelle mit reflektierenden Flächen sind oft die teuersten.
2. Schulbücher und Arbeitshefte: Die versteckte Bildungslücke
Während in den meisten Bundesländern Schulbücher kostenlos ausgeliehen werden können, müssen Arbeitshefte und Lektüren selbst finanziert werden . In Schleswig-Holstein beispielsweise kritisiert Landeselternvertreterin Claudia Pick: „Wir fordern endlich eine echte Lernmittelfreiheit“ . Die Preissteigerungen sind hier besonders drastisch: Schul- und Lehrbücher waren im Juni 2025 3,8 Prozent teurer als ein Jahr zuvor – fast doppelt so viel wie die allgemeine Teuerungsrate .
3. Verbrauchsmaterial: Die vergessene Nachhaltigkeit
Hefte, Blöcke, Stifte, Bastelmaterial – die Liste der Verbrauchsmaterialien scheint endlos. Eine durchschnittliche Grundausstattung liegt schnell bei 80 Euro . Dabei zeigt sich ein paradoxer Trend: Während die Gesellschaft über Nachhaltigkeit spricht, zwingt das Schulsystem Eltern zur Anschrift von Einwegartikeln. Wie viel Umweltverschwendung steckt in dieser Jahr-für-Jahr-Wiederholung des Materialeinkaufs?
4. Technologie: Das digitale Klassenzimmer kommt teuer
Immer mehr Schulen setzen auf Tablets und Laptops im Unterricht. Doch auch wenn die Geräte oft von der Schule gestellt werden, fallen Selbsterhaltungsbeträge an . Die AK Schulkostenstudie zeigt, dass Eltern für ihre Kinder jede Menge zusätzlich zahlen müssen – von den Kosten für Schulsachen über die Nachmittagsbetreuung bis hin zu Laptops oder Tablets .
Soziale Ungleichheit: Wenn der Geldbeutel über Bildungschancen entscheidet
Die prekäre Lage einkommensschwacher Familien
Laut Armutskonferenz leben in Österreich rund 71.000 Volksschulkinder und 81.000 Kinder in der Unterstufe in Haushalten mit sehr geringem Einkommen . Martin Schenk, Sozialexperte der Diakonie Österreich, warnt: „Bereits ein einfaches Schulstartpaket mit Schultasche, Turnsachen, Heften, Stiften und weiterem Grundmaterial kann zwischen 100 und 300 Euro kosten“ . Für viele Familien ist dies eine unüberwindbare Hürde.
unzureichende staatliche Unterstützungssysteme
Zwar existieren Unterstützungsmechanismen wie das Bildungs- und Teilhabepaket in Deutschland (195 Euro jährlich) oder Schulstartklar in Österreich (150 Euro in Form von Gutscheinen) , doch diese helfen oft nur bedingt. Kritiker monieren, dass die Antragstellung zu kompliziert ist und die Leistungen nicht ausreichen . In Österreich wurde das Schulstartgeld (116,10 Euro) von 2011 bis 2023 nicht an die Inflation angepasst – um die gleichen Schulsachen wie damals kaufen zu können, müsste die Unterstützung mittlerweile um knapp 44 Euro höher sein .
Tabelle: Staatliche Unterstützungsleistungen im Vergleich
Land | Leistung | Höhe | Zielgruppe | Probleme |
---|---|---|---|---|
Deutschland | Bildungs- und Teilhabepaket | 195 € jährlich | Familien mit geringem Einkommen | Komplizierte Antragstellung |
Österreich | Schulstartgeld | 116,10 € | Alle Familien 6–15 Jahre | Seit 2011 nicht inflationsangepasst |
Österreich | Schulstartklar | 150 € (Gutscheine) | Familien mit Mindestsicherung | Nur bestimmte Geschäfte |
Preisbewusst einkaufen: Strategien gegen die Kostenfalle
1. Frühzeitig planen und budgetieren
Der Handelsverband empfiehlt, bewusst Preise zu vergleichen . So sind gegenüber 2024 Kinder-Lunchboxen (-20%), Schultaschen (-17%), Tintenroller (-16%) und Schulbücher & Lernhilfen (-15%) deutlich günstiger geworden .
2. Auf No-Name-Produkte setzen
Laut idealo lässt sich vor allem durch den Kauf von No-Name-Produkten sparen . Nicht ohne Grund bieten Discounter in den Sommerferien große Schulmaterial-Aktionen an.
3. Second-Hand als nachhaltige Alternative
Second-Hand-Modelle können eine günstige und nachhaltige Option sein . Auch bei Kleidung für die Einschulung lohnt sich der Blick in Second-Hand-Läden oder Online-Börsen.
4. Gemeinsame Beschaffung durch Schulen
Die Armutskonferenz schlägt vor, dass Schulen Schulmaterialien gesammelt einkaufen, um günstigere Preise zu erzielen . In Wien werden Unterrichtsmaterialien in vielen öffentlichen Pflichtschulen von den Schulen gekauft – sie bekommen von der Stadt einen Zuschuss pro Schüler:in .
Blick in die Zukunft: Was sich ändern muss
1. Echte Lernmittelfreiheit für alle Kinder
Es braucht eine echte Lernmittelfreiheit, die nicht nur Schulbücher, sondern auch Arbeitshefte und Lektüren umfasst . Bildung darf nicht vom Geldbeutel der Eltern abhängen.
2. Inflationsanpassung der Unterstützungsleistungen
Staatliche Leistungen wie das Schulstartgeld müssen regelmäßig an die Inflation angepasst werden . Die Politik darf Familien nicht mit veralteten Beträgen alleine lassen.
3. Vereinfachte Antragsverfahren für Hilfen
Die Antragstellung für Unterstützungsleistungen muss vereinfacht und entbürokratisiert werden . Hilfen sollten automatisch ausgezahlt werden, ohne dass Familien komplizierte Formulare ausfüllen müssen.
4. Mehr Bewusstsein für die soziale Dimension
Schulen und Lehrer müssen sich ihrer Verantwortung bewusst sein und überschaubare und bezahlbare Materiallisten zusammenstellen . Es darf nicht sein, dass Kinder zu „Bittstellern“ zu Hause werden.
Fazit: Der Schulstart als Lackmustest für unsere Gesellschaft
Der Schulstart 2025 offenbart eine tiefgreifende Krise unseres Bildungssystems. Was als freudiges Ereignis für ABC-Schützen beginnt, endet für viele Familien in einer finanziellen Zwickmühle. Die Zahlen sprechen eine klare Sprache: Die Kosten sind in den letzten Jahren explodiert, während die staatliche Unterstützung hinterherhinkt. Doch beyond die nackten Zahlen geht es um eine grundsätzliche Frage: Wollen wir eine Gesellschaft, in der Bildungschancen vom Einkommen der Eltern abhängen? Oder eine, die allen Kindern gleiche Startbedingungen ermöglicht?
Die Lösungen liegen auf dem Tisch: Echte Lernmittelfreiheit, inflationsangepasste Unterstützungsleistungen, vereinfachte Antragsverfahren und ein Bewusstsein für die soziale Dimension von Bildung. Es ist an der Zeit, dass Politik, Schulen und Gesellschaft gemeinsam Verantwortung übernehmen – damit der Schulstart nicht zur finanziellen Zerreißprobe wird, sondern für alle Kinder der Beginn einer erfolgreichen Bildungsreise ist.
Bildung ist kein Privileg, sondern ein Grundrecht. Lassen wir nicht zu, dass es am Preis von Heften und Stiften scheitert.