Einführung: Warum es schwer ist, sein Baby loszulassen
Als Elternteil ist es ganz natürlich, eine tiefe Verbindung zu seinem Kind zu haben, besonders in den ersten Monaten. Doch irgendwann stellt sich die Frage: Ist es wirklich notwendig, das Baby nur selbst zu halten?
Viele von uns haben eine instinktive Zurückhaltung, ihr Kind in die Hände anderer zu geben – sei es aus Angst oder Unsicherheit. Doch in einigen Kulturen, wie in Italien, wird ein Baby als ein öffentliches Gut betrachtet.
Das Konzept der „Bombolotto“, ein liebevoller Begriff für ein glückliches und rundliches Baby, zeigt eine ganz andere Herangehensweise. Die folgende Geschichte, inspiriert von einem Aufenthalt in Italien, erzählt, wie ich lernte, mein Baby anderen anzuvertrauen.
Bombolotto: Die italienische Liebe zu Babys
Was bedeutet Bombolotto? In Italien gibt es kein direktes Äquivalent im Deutschen oder Englischen. Bombolotto steht für „Puppe“, „dickes Baby“ oder „glückliches Baby“. Babys gelten dort als Segen, und ihre süßen Wangen und pummeligen Ärmchen sind praktisch dafür da, von Fremden bestaunt und berührt zu werden.
Als ich mit meinem Sohn in den Straßen von Neapel unterwegs war, erlebte ich, wie eine Ladenbesitzerin einfach auf uns zukam, meinen Sohn auf den Arm nahm und ihn in ihr Geschäft trug. Sie fragte nicht um Erlaubnis. Diese Geste hätte mich vielleicht beunruhigen sollen, doch die italienische Kultur lehrt uns, dass Babys etwas Besonderes sind, das geteilt werden soll.
Der Anfang: Warum wir unser Baby nur selbst halten wollten
Der Gedanke, sein Baby einem Fremden zu geben, fühlt sich für viele Eltern fremd und vielleicht auch gefährlich an. Mein Sohn wurde einen Monat zu früh geboren, und seit seiner Geburt hatte er einige gesundheitliche Herausforderungen zu überwinden, darunter auch eine Zeit auf der Intensivstation wegen einer Infektion. Diese Erfahrung machte mich vorsichtig – ich wollte ihn beschützen und fühlte mich verantwortlich, ihn immer selbst zu halten.
Doch irgendwann wurde mir bewusst, dass ich nicht die ganze Zeit für ihn da sein konnte. Andere Menschen wollten helfen, und ich musste lernen, das anzunehmen.
Eine schwere Last: Physische Belastungen eines großen Babys
Mein Sohn wuchs schnell und wog mit 10 Monaten über 16 Kilogramm. Das physische Gewicht war eine Herausforderung, vor allem auf unserem Urlaub in Italien. In den engen Gassen der Altstädte mit Kopfsteinpflaster war es fast unmöglich, einen Kinderwagen zu benutzen. Ich trug ihn in einem Babyrucksack, doch nach mehreren Tagen tat mir alles weh. Rückenschmerzen, wunde Schultern und müde Beine machten es schwierig, den Urlaub zu genießen.
Zu meiner Überraschung boten Einheimische regelmäßig an, ihn für eine Weile zu halten. Anfangs zögerte ich – ich kannte diese Menschen nicht und fühlte mich unsicher. Doch mit der Zeit wurde mir klar, dass dies eine kulturelle Norm war. In Italien wird ein Baby oft als „öffentliches Gut“ betrachtet, und das Teilen der Last – und der Freude – ist etwas, das von allen erwartet wird.
Warum es gut ist, das Baby anderen zu geben
Was ich von der italienischen Kultur lernte, ist, dass es viele Vorteile hat, sein Baby anderen Menschen anzuvertrauen. Es geht nicht nur darum, körperliche Erleichterung zu erfahren. Hier sind einige Gründe, warum es gut ist, sein Baby anderen zu geben:
1. Unterstützung durch Gemeinschaft
Babys profitieren von sozialer Interaktion, und das nicht nur mit ihren Eltern. Sie lernen, sich in einer Gemeinschaft wohlzufühlen und bauen Vertrauen zu verschiedenen Menschen auf. Diese soziale Bindung ist entscheidend für ihre emotionale und soziale Entwicklung.
2. Entlastung der Eltern
Eltern benötigen Pausen, sowohl körperlich als auch emotional. Das Abgeben des Babys erlaubt es einem, für kurze Zeit durchzuatmen, die Schultern zu entspannen und vielleicht sogar einen Moment für sich selbst zu finden.
3. Förderung der Unabhängigkeit
Indem das Baby von anderen gehalten wird, lernt es, dass es auch ohne ständige Nähe zu seinen Eltern sicher und geborgen sein kann. Dies fördert seine Unabhängigkeit und Selbstsicherheit.
4. Verbundenheit mit der Kultur
In Kulturen wie der italienischen, in denen Babys als etwas Besonderes betrachtet werden, ist es eine Ehre, ein Baby zu halten. Diese Verbundenheit mit der Kultur und den Menschen kann eine besondere Erfahrung sein.
Herausforderungen beim Loslassen: Der emotionale Aspekt
Das Loslassen ist jedoch nicht nur physisch schwierig. Emotionale Bindungen spielen eine große Rolle, wenn es darum geht, sein Kind in die Hände anderer zu geben. Vertrauen ist der Schlüssel. Es bedeutet, darauf zu vertrauen, dass andere Menschen genauso gut auf dein Baby aufpassen wie du selbst. Doch in einer Gesellschaft, die oft vor den Gefahren des Fremden warnt, kann das schwerfallen.
Eine Strategie, um das Loslassen zu erleichtern, ist es, klein anzufangen. Lass zunächst Menschen, denen du vertraust – Familie oder enge Freunde – dein Baby halten. Mit der Zeit kannst du dich wohler fühlen, auch Fremden dieses Vertrauen zu schenken.
Bombolotto: Der Segen, der geteilt wird
Am Ende meines Italien-Aufenthalts hatte ich meine Einstellung geändert. Mein Sohn war nicht nur mein Baby, sondern ein Segen, den ich teilen durfte. Sein Lächeln, seine Wangen und seine Pummelärmchen brachten Freude, wo immer wir hingingen. Die italienische Liebe zu Babys lehrte mich, dass das Teilen dieser Freude nicht bedeutet, dass ich weniger wichtig bin. Vielmehr bedeutet es, dass ich Teil einer Gemeinschaft bin, die sich um das Wohl meines Kindes kümmert.
Häufig gestellte Fragen (FAQs)
Ist es sicher, sein Baby Fremden zu geben?
Es hängt von der Situation und den kulturellen Normen ab. In Italien und anderen Ländern ist es durchaus üblich, dass Fremde Babys halten, aber es ist wichtig, immer das eigene Bauchgefühl zu beachten.
Wie kann ich mich wohler fühlen, mein Baby abzugeben?
Fange mit vertrauten Personen an und erweitere dann den Kreis. Vertrauen wächst mit der Zeit, und du wirst lernen, dass andere Menschen ebenfalls gut auf dein Baby aufpassen können.
Was sind die Vorteile, wenn andere mein Baby halten?
Andere Menschen zuzulassen, fördert die soziale Entwicklung deines Babys und entlastet dich als Elternteil. Es kann auch eine Möglichkeit sein, deinem Baby eine breitere Weltanschauung zu ermöglichen.
Fazit: Das Geschenk des Teilens
Babys sind ein Geschenk, und wie ich lernte, muss dieses Geschenk geteilt werden. Das Loslassen des eigenen Kindes ist nicht immer einfach, aber es ist eine Möglichkeit, Vertrauen aufzubauen – sowohl in andere als auch in sich selbst als Eltern. Am Ende ist es nicht nur eine Erleichterung, sondern eine Bereicherung, das Baby in andere Hände zu geben.