Pflanzliche Arzneimittel gelten für viele Menschen als natürliche und sanfte Alternative zu chemischen Medikamenten. Vor allem bei chronischen Erkrankungen wie Rheuma greifen Patienten oft zu diesen Mitteln in der Hoffnung auf Linderung. Doch aktuelle Forschungsergebnisse zeichnen ein anderes Bild: Die gängigsten pflanzlichen Präparate zeigen bei der Behandlung von rheumatischen Erkrankungen kaum bis gar keine Wirkung.
Was ist Rheuma?
Rheuma ist kein einheitliches Krankheitsbild, sondern ein Sammelbegriff für mehr als 100 verschiedene Erkrankungen. Diese Erkrankungen betreffen in erster Linie das Bindegewebe, Gelenke, Muskeln, Sehnen und Knochen, können jedoch auch innere Organe angreifen.
Die häufigsten Symptome sind Schmerzen und Entzündungen, die oft chronisch sind und die Lebensqualität der Betroffenen stark einschränken. In Deutschland leiden etwa 20 Millionen Menschen an einer der zahlreichen rheumatischen Erkrankungen.
Pflanzliche Arzneimittel bei Rheuma: Hoffnung ohne Erfolg
Trotz jahrzehntelanger Forschung gibt es bis heute keine Heilung für rheumatische Erkrankungen. Viele Betroffene setzen deshalb auf alternative Heilmethoden, insbesondere pflanzliche Arzneimittel, auch bekannt als Phytotherapeutika. Der Gedanke dahinter ist oft der Wunsch nach einer schonenderen Behandlung ohne die Nebenwirkungen konventioneller Medikamente.
Doch die Deutsche Gesellschaft für Rheumatologie und Klinische Immunologie (DGRh) hat kürzlich auf dem Deutschen Rheumatologiekongress 2024 eine ernüchternde Analyse präsentiert. Nach der Sichtung umfangreicher wissenschaftlicher Literatur zu den gängigsten pflanzlichen Präparaten kamen die Experten zu dem Schluss, dass keines der untersuchten Mittel eine nachweisbare Wirkung in der Behandlung rheumatischer Erkrankungen zeigt.
Welche Präparate wurden untersucht?
Die Kommission der DGRh untersuchte verschiedene pflanzliche Präparate, die in der Rheumatologie Anwendung finden oder diskutiert werden. Dazu gehören unter anderem:
- Teufelskralle (Harpagophytum procumbens)
- Weidenrinde (Salix alba)
- Brennnessel (Urtica dioica)
- Weihrauch (Boswellia serrata)
- Nachtkerzenöl (Oenothera biennis)
Die Ergebnisse dieser Studien waren enttäuschend: Keines der Mittel konnte eine signifikante Verbesserung der rheumatischen Beschwerden nachweisen.
Ausnahme: Medizinisches Cannabis
Eine kleine Ausnahme bildet medizinisches Cannabis. Auch hier seien die Wirkungen zwar nicht ausreichend, um eine allgemeine Empfehlung auszusprechen, jedoch könne es in bestimmten Fällen – insbesondere bei chronischen Nervenschmerzen und Schlafstörungen – eine Linderung bringen. Der Einsatz sollte jedoch immer in Absprache mit dem behandelnden Arzt erfolgen.
Warum pflanzliche Mittel oft wirkungslos sind
Viele pflanzliche Präparate haben im Laborversuch an Tieren entzündungshemmende und immunmodulierende Effekte gezeigt. Allerdings lässt sich dieser Erfolg im Labor nicht ohne weiteres auf den Menschen übertragen. Häufig fehlt es an hochwertigen klinischen Studien, die die Wirksamkeit dieser Mittel bei Rheuma-Patienten belegen könnten.
Zudem gibt es ein Problem mit sogenannten traditionellen Arzneimitteln. Präparate, die seit über 30 Jahren im medizinischen Gebrauch sind, können unter bestimmten Umständen auch ohne umfangreiche Studien zugelassen werden. Dies bedeutet jedoch nicht, dass sie tatsächlich wirksam sind.
Risiken der Selbstmedikation mit pflanzlichen Präparaten
Ein weiteres Problem bei der Verwendung pflanzlicher Arzneimittel ist die Annahme, dass diese völlig risikofrei sind. Das ist jedoch ein gefährlicher Irrtum. Viele pflanzliche Präparate können Wechselwirkungen mit konventionellen Medikamenten haben oder unerwünschte Nebenwirkungen verursachen. Besonders bei chronischen Erkrankungen wie Rheuma ist es daher wichtig, dass die Einnahme solcher Präparate immer mit dem behandelnden Arzt abgestimmt wird.
Was sollten Rheuma-Patienten tun?
Rheuma ist eine ernsthafte und oft belastende Erkrankung, die in vielen Fällen eine lebenslange Behandlung erfordert. Pflanzliche Mittel bieten keine nachgewiesene Hilfe, daher ist es wichtig, sich auf bewährte Therapien zu verlassen. Die Deutsche Gesellschaft für Rheumatologie empfiehlt Betroffenen, gemeinsam mit ihrem Rheumatologen eine individuelle Therapie zu erarbeiten, die auf wirksamen und sicheren Medikamenten basiert.
Häufig gestellte Fragen (FAQ)
1. Sind pflanzliche Präparate für Rheuma völlig nutzlos?
Die meisten pflanzlichen Präparate haben in klinischen Studien keine Wirkung gezeigt, die ihre Anwendung bei Rheuma rechtfertigt. Eine Ausnahme könnte in Einzelfällen medizinisches Cannabis darstellen.
2. Können pflanzliche Präparate schädlich sein?
Ja, pflanzliche Mittel sind nicht automatisch sicher. Sie können Nebenwirkungen haben oder mit anderen Medikamenten, die Rheuma-Patienten einnehmen, interagieren.
3. Gibt es Alternativen zu pflanzlichen Präparaten?
Ja, es gibt eine Vielzahl bewährter Therapien zur Behandlung von Rheuma, die von Rheumatologen empfohlen werden. Dazu gehören entzündungshemmende Medikamente, physikalische Therapie und in einigen Fällen auch operative Eingriffe.
4. Warum greifen viele Rheuma-Patienten trotzdem zu pflanzlichen Mitteln?
Viele Patienten hoffen auf eine sanfte und natürliche Alternative zu herkömmlichen Medikamenten. Allerdings sollten sie sich bewusst sein, dass die Wirksamkeit dieser Präparate wissenschaftlich kaum belegt ist.
5. Was ist die beste Vorgehensweise bei Rheuma?
Die beste Vorgehensweise ist eine umfassende und individuelle Therapie, die von einem Rheumatologen begleitet wird. Es ist wichtig, dass Patienten offen mit ihren Ärzten über alle eingenommenen Präparate sprechen, einschließlich pflanzlicher Mittel.
Fazit
Die Forschung zeigt klar, dass die meisten pflanzlichen Präparate bei der Behandlung von Rheuma keine wirksame Alternative darstellen. Patienten sollten sich auf bewährte und wissenschaftlich fundierte Therapien verlassen und die Einnahme von Phytotherapeutika immer mit ihrem behandelnden Arzt absprechen. Rheuma erfordert eine gezielte, oft lebenslange Behandlung – und dabei sind Sicherheit und Wirksamkeit das A und O.