Nach einer Plagiatsklage hat Ed Sheeran sein neues Album veröffentlicht. Obwohl er versucht, sich von seinem gewohnten Stil zu lösen, bleibt er seinem Markenzeichen treu.
Plagiatsvorwürfe
Im Laufe der Jahre hat Ed Sheeran zahlreiche Vorwürfe des Plagiats erfahren. Vor der Veröffentlichung seines neuesten Albums entschied ein Gericht in New York zugunsten des Sängers in einer Zivilklage, die ihn beschuldigte, Marvin Gayes Klassiker „Let’s Get It On“ in seinem Song „Thinking Out Loud“ kopiert zu haben. Dies war nicht das erste Mal, dass Sheeran solchen Anschuldigungen ausgesetzt war.
2017 wurde er von dem britischen X-Factor-Gewinner Matt Cardle verklagt, der behauptete, Sheerans „Photograph“ sei eine direkte Kopie seines Tracks „Amazing“. Die beiden Parteien erreichten letztendlich eine Einigung. Doch im Jahr 2022 gewann Sheeran einen ähnlichen Fall, der sich um seinen Hit-Single „Shape of You“ drehte.
Die Kontroverse der Kreativität
Mit der Veröffentlichung seines sechsten Studioalbums hat Sheeran die alte Debatte über die Grenze zwischen Inspiration und Plagiat neu entfacht. Was gilt als Originalität im Songwriting? Wann geht Inspiration in Diebstahl über? Sind wir an einem Punkt angelangt, an dem jeder Akkordwechsel und jede Melodie bereits gespielt wurde und jeder Song eine Variation von etwas ist, das bereits geschrieben wurde? Und ist das wirklich ein schlechtes Ding?
Das neue Album mit dem Titel „Subtract“ reflektiert diese Fragen in seinen nachdenklichen Texten. Sheeran findet Inspiration in dem Tod eines engen Freundes, dem Kampf seiner Frau gegen Krebs und seinen jüngsten rechtlichen Problemen. „Wenn wir das Jahr überstehen, dann kann uns nichts brechen“, singt er in „No Strings“. „Wie kann es so schwer sein?“, klagt er in „Eyes Closed“. „Es ist wie Tränen im Regen“, singt er in „Life Goes On“.
Sheerans musikalischer Stil
Sheerans Musik wird oft dafür kritisiert, dass sie zu generisch ist, entweder indem sie sich auf abgenutzte Bilder stützt oder indem sie sein Leben zu wörtlich darstellt. Es ist fast so, als ob er der Cousin ist, dem man bei einem Familientreffen sagen möchte, dass er sich ein bisschen zurückhalten soll, dass er nicht alle Einzelheiten seines Lebens preisgeben muss.
„Ed, du musst nicht so spezifisch darüber sein, was vor sich geht! Es ist nicht so überraschend, dass das Gras, das du geraucht hast, illegal war“, schrieb Nina in einer Rezension von „Nina“ und fügte hinzu: „Und während wir dabei sind, bist du dir sicher, dass du allen erzählen musst, dass dein Date Reste vom All-you-can-eat-Buffet mitgenommen hat?“ in Bezug auf „Shape of You“.
Neue musikalische Richtungen
Auf seinem neuesten Album scheint Sheeran einen Schritt in eine neue musikalische Richtung gemacht zu haben. Er hat seinen charakteristischen Sound mit Gitarre und Loop-Pedal aufgegeben und durch traditionellere Pop-Arrangements ersetzt. Der Albumtitel „Subtract“ spielt auf das Konzept des Entkleidens und Vereinfachens seiner Musik an, und er hat das Album als „einen musikalischen Neustart“ beschrieben. Die Veränderung der musikalischen Ausrichtung bedeutet jedoch nicht zwangsläufig einen Abschied von seiner früheren Arbeit. Sheeran bleibt seiner Signatur treu, indem er sich auf emotionale Tiefe und seine einzigartige Erzählweise konzentriert.
Die Inspiration des Musikers
In dem Film „Yesterday“ gibt es eine denkwürdige Szene, in der Sheeran den Protagonisten Jack Malik zu einem Songwriting-Wettbewerb herausfordert.
Der Gewinner wird derjenige sein, der in zehn Minuten den besseren Popsong schreiben kann. Malik spielt den Beatles-Song „The Long and Winding Road“, während Sheeran seinen eigenen Song „Penguins“ performt. Obwohl Sheerans Ansatz zu seiner Musik darin zu bestehen scheint, sich auf den Inhalt anstatt auf die Originalität der Melodie oder Akkordfolge zu konzentrieren.
Er zieht Inspiration aus seinem persönlichen Leben, wie dem Tod eines engen Freundes, der Tumor-Diagnose seiner Frau und seinen rechtlichen Auseinandersetzungen wegen angeblichem Plagiat. In seinem Song „No Strings“ singt Sheeran: „Wenn wir das Jahr überstehen, dann kann uns nichts brechen“, während er in „Eyes Closed“ fragt: „Wie kann es so schwer sein?“ Ein weiterer Song auf dem Album, „Life Goes On“, enthält die Lyrics „Es ist wie Tränen im Regen, mmh, mmh, mmh“, was Sheerans Fähigkeit zeigt, schwierige Themen mit Sensibilität und Authentizität anzugehen.
Allerdings fallen Sheerans Lieder oft in eine von zwei Kategorien: Entweder benutzt er abgenutzte und überbeanspruchte Bilder oder er stellt die Realität zu direkt dar, was wenig Raum für Interpretation lässt. Er wurde mit dem Cousin verglichen, der auf Familientreffen zu viel persönliche Informationen preisgibt.
In dem Song „Nina“ gibt Sheeran beispielsweise preis, dass das von ihm gerauchte Marihuana illegal war, während „Shape of You“ erwähnt, dass sein Begleiter Reste von einem All-you-can-eat-Buffet mit nach Hause genommen hat. Sheerans Musik scheint an Subtilität zu fehlen und grenzt manchmal an Überbelichtung.
Um dem Ganzen musikalisch mehr Gewicht zu verleihen, hat Sheeran seinen Freund Aaron Dessner hinzugezogen. Dessner ist sein Songwriting- und Produzentenpartner und hat vor allem durch seine Zusammenarbeit mit Taylor Swift Bekanntheit erlangt.
Dessner hat Swifts Alben „folklore“ und „evermore“, die er mitproduziert und mitgeschrieben hat, als Neuerfindung des amerikanischen Country-Pop-Sängers angesehen.
Bei Sheeran gibt Dessner jetzt eher Tipps. Der Sound, für den Dessner bekannt ist, das Stolpern, Zögern, Aussetzen, Zerschüttert, immer schlau, der Folk mit Indie und Elektronik mischt, wird dosierter als bei Swift eingesetzt.
Er hat einige Instrumentalisten aus seinem Kosmos mitgebracht, wie seinen Bruder Bryce, Benjamin Lanz (die Fans von The National kennen sie aus dem Nebenprojekt LNZNDRF) oder James McAlister, der in der Vergangenheit viel mit Sufjan Stevens gearbeitet hat. Aber zu keinem Zeitpunkt klingt das Album wie eine feindliche Übernahme.
Es klingt einfach, zum Beispiel in „Salt Water“, wo Synkopen und Klargitarren sich immer wieder vereinen, oder in „First Times“, wo Sheeran auftrumpft, als ob er noch einmal zeigen will, dass er es immer noch kann.
Um fair zu sein, hat das Album seine Schwächen. Einige der Tracks können sich wiederholend und übermäßig sentimental anfühlen, und es gibt Momente, in denen Sheerans Versuche der Selbstreflexion etwas aufgesetzt wirken können. Zusätzlich haben einige Kritiker bemerkt, dass die Produktion des Albums zuweilen zu glatt und sicher wirkt und die rohe Energie und Experimentierfreude einiger von Sheerans früheren Arbeiten vermissen lässt.
Trotzdem markiert Subtract eine wichtige Entwicklung für Sheeran als Künstler. Indem er eine introspektivere und nachdenklichere Herangehensweise an sein Songwriting annimmt, hat er ein Album geschaffen, das reifer und reflektierter wirkt als seine bisherigen Veröffentlichungen. Und durch die Zusammenarbeit mit Aaron Dessner hat er seinen klanglichen Horizont erweitert und seine Musik in neue und aufregende Richtungen geführt.
Letztendlich ist Subtract ein Beweis für Sheerans anhaltende Anziehungskraft als Popstar.
Trotz der sich wandelnden Gezeiten der Musikindustrie und den Herausforderungen, die mit der Aufrechterhaltung der Relevanz angesichts neuer Trends und Genres einhergehen, ist es Sheeran gelungen, seiner künstlerischen Vision treu zu bleiben und Musik zu produzieren, die bei Millionen von Fans auf der ganzen Welt Anklang findet.
Und mit Subtract hat er bewiesen, dass es immer noch genug Raum für Wachstum und Experimentierfreude im Bereich der Popmusik gibt.
Ed Sheerans neues Album stellt wichtige Fragen zur Kreativität und Inspiration in der Musikindustrie auf. Während einige argumentieren könnten, dass jede Akkordfolge und Melodie bereits verwendet wurde, hat Sheerans Fokus auf Inhalt anstatt Originalität ihm ermöglicht, eine persönliche Verbindung zu seinem Publikum aufzubauen. Allerdings kann seine Musik manchmal an Subtilität mangeln, und er hat in der Vergangenheit Plagiatsvorwürfe erlebt. Nichtsdestotrotz wird sein neues Album sicherlich ein kommerzieller Erfolg für den britischen Künstler sein.
Die Kontroverse um die Kreativität in der Musikindustrie wird auch in Zukunft weiterhin eine wichtige Rolle spielen, da Künstler und Musiker weiterhin inspiriert werden und gleichzeitig ihren eigenen Stil und ihre eigenen Ideen entwickeln müssen.
Die Debatte um Inspiration versus Plagiat wird auch weiterhin ein Thema bleiben, da das Musikgeschäft immer wieder mit ähnlichen Fällen konfrontiert wird. Letztendlich geht es darum, wie man sich als Künstler auf die Kunst konzentrieren kann, während man sich bewusst ist, dass es eine feine Linie zwischen Inspiration und Plagiat gibt.
Insgesamt bleibt Ed Sheeran ein fester Bestandteil der Popmusikwelt und wird wahrscheinlich auch weiterhin einen Einfluss auf die Zukunft der Musik haben. Subtract mag nicht perfekt sein, aber es zeigt eine positive Entwicklung in seiner musikalischen Karriere und lässt Raum für zukünftige Experimente und kreative Herausforderungen.