Die Last des Erbes und der Ruf Roms
Bevor wir in die Tiefe dieser Analyse eintauchen, ist es essenziell, die zentralen Entitäten und Subthemen zu identifizieren, die dieses Werk definieren. Wir sprechen hier nicht nur über ein Spiel, sondern über ein kulturelles Phänomen im Genre der Aufbaustrategie.
- Kern-Entitäten: Anno 117: Pax Romana, Ubisoft, Ubisoft Mainz, Römisches Reich, Latium, Albion.
- User Intents: Verständnis der neuen Gameplay-Mechaniken, Bewertung der Grafik, Analyse der Komplexität im Vergleich zu Anno 1800, Kaufberatung.
- Konzepte: Wirtschaftssimulation, Logistik, Diplomatie, Romanisierung, Einsteigerfreundlichkeit.
Die Anno-Reihe ist seit Jahrzehnten ein monolithischer Pfeiler der PC-Strategie. Mit Anno 1800 hat Ubisoft die Messlatte in stratosphärische Höhen geschraubt – ein Inhaltsmonster, das selbst Veteranen durch seine schiere Masse an DLCs und Mechaniken ehrfürchtig (oder erschöpft) zurückließ. Nun steht Anno 117: Pax Romana vor der Tür, und die Skepsis mischt sich mit Vorfreude. Kann ein Spiel, das uns in das Jahr 117 n. Chr. zurückführt, die Komplexität des industriellen Zeitalters ersetzen? Oder erleben wir eine “Casualisierung” zugunsten einer breiteren Masse?
In dieser kritischen Analyse, basierend auf aktuellen Anspielberichten und Entwickler-Updates, sezieren wir das Gameplay, die Atmosphäre und die strategische Tiefe des Titels. Wir werfen einen journalistisch-kritischen Blick darauf, ob der Titel dem EEAT-Anspruch (Experience, Expertise, Authoritativeness, Trustworthiness) gerecht wird, den Fans von einer historischen Simulation erwarten.
Das Setting: Eine Reise ins Herz des Imperiums
Das Jahr 117 n. Chr. markiert die größte Ausdehnung des Römischen Reiches unter Kaiser Trajan. Es ist eine Zeit des relativen Friedens – der Pax Romana. Doch Frieden in Anno bedeutet niemals Stillstand; es bedeutet gnadenlose wirtschaftliche Optimierung. Ubisoft wählt hier ein Szenario, das visuell und thematisch kaum dankbarer sein könnte.
Latium: Das klassische Rom-Gefühl
Die Startregion Latium bedient alle Sehnsüchte, die man mit der Antike verbindet. Marmorne Säulen, Zypressen, belebte Foren. Hier fühlen sich Anno-Veteranen sofort zu Hause. Die Grafik ist, wie von der Snowdrop-Engine erwartet, atemberaubend. Die Detailverliebtheit reicht von bemalten Statuen (historisch akkurat, da antike Statuen bunt waren) bis hin zu lebendigen Straßenzügen.
Doch die Schönheit ist nur Fassade für die harte Arbeit des Statthalters. In Latium müssen die Bedürfnisse verschiedener Bevölkerungsschichten befriedigt werden. Diese steigen mit jedem Level exponentiell an. Während Anno 1800 hier oft mit schierer Masse an Gütern erschlug, scheint Anno 117 einen etwas anderen Weg zu gehen. Die Versorgungsketten wirken in ersten Tests “entschlackt”. Das ist ein zweischneidiges Schwert: Für Neulinge ist es ein Segen, für Hardcore-Optimierer könnte es das erste Warnsignal einer Vereinfachung sein.
Albion: Die wilde Grenze
Der wirkliche Twist dieses Teils liegt jedoch in der zweiten Provinz: Albion (die britischen Inseln). Hier bricht das Spiel mit der Tradition des reinen “Kopierens” von Aufbaustrategien in neue Biome. Albion ist grau, nass, sumpfig – und politisch brisant. Hier wird der Spieler nicht nur zum Baumeister, sondern zum kulturellen Lenker.
Gameplay-Mechaniken: Evolution oder Revolution?
Die Kernfrage jeder Anno-Analyse muss lauten: Wie spielt es sich? Das “Loop” aus Bauen, Bedürfnisbefriedigung und Expansion ist heilig. Anno 117 wagt hier einige interessante, aber auch riskante Anpassungen.
Einsteigerfreundlichkeit als oberstes Gebot?
Es fällt auf, dass Ubisoft massiv in das Onboarding investiert hat. Die Kampagne fungiert als ein glorifiziertes, aber erzählerisch starkes Tutorial. Man wählt zwischen zwei Charakteren, Marcus oder Marcia, was dem Spiel eine fast rollenspielartige Note verleiht.
- Vorteil: Neue Spieler werden nicht, wie in Anno 1800 oft der Fall, von Excel-Tabellen-artigen Problemen überrollt.
- Kritik: Wenn die Kampagne zu sehr an der Hand nimmt, verliert das Spiel seinen Sandbox-Charakter. Ein Anno-Spiel lebt davon, dass man scheitert, weil man die Logistik unterschätzt hat, nicht weil man einem Story-Marker nicht gefolgt ist.
Die Romanisierung: Ein moralisches Dilemma als Spielmechanik
Ein herausragendes Feature ist die Entscheidungsgewalt in Albion. Der Spieler steht vor der Wahl: Soll die Region “romanisiert” werden, mit klassischen römischen Gebäuden, Aquädukten und der damit verbundenen Kultur? Oder lässt man die keltische Tradition bestehen?
Diese Entscheidung ist nicht nur kosmetisch. Sie beeinflusst:
- Produktionsketten: Keltische Güter vs. römische Importe.
- Bauplatz: Sumpfgebiete können trockengelegt werden (römische Ingenieurskunst) oder als natürliche Ressource genutzt werden.
- Diplomatie: Das Verhältnis zu den lokalen Fraktionen ändert sich drastisch.
Hier zeigt Anno 117 seine größte Stärke: Es verwebt Narrative mit Spielmechanik. In einer Zeit, in der KI-gesteuerte Discovery oft nur nach “schnellem Spaß” sucht, bietet dieses Feature tiefergehende Reflexion über Kolonialismus und kulturelle Identität, verpackt in ein Unterhaltungsprodukt.
Logistik und Wirtschaft: Das Herzstück der Simulation
Kein Anno ohne Warenkreisläufe. Die Integration von Latium und Albion ist der Motor des Endgames.
Interregionale Handelsrouten
Es ist kein “Entweder-oder”. Viele Luxusgüter, die in Latium für den Aufstieg der Aristokratie benötigt werden, können nur in Albion produziert werden – und umgekehrt. Das zwingt den Spieler dazu, Handelsrouten zu etablieren, die über das reine “A nach B” hinausgehen. Die Benutzeroberfläche wurde überarbeitet, um diese komplexen Routen übersichtlicher zu gestalten. Das ist lobenswert, da das UI in späten Phasen von Anno 1800 oft an seine Grenzen stieß.
Quality-of-Life: Endlich Diagonalen!
Es mag banal klingen, aber für Städtebauer ist es eine Revolution: Gebäude können nun auch diagonal platziert werden. Das Raster löst sich etwas auf, was organischere Stadtbilder ermöglicht. Dazu kommt ein Planungsmodus mit Blaupausen – ein Feature, das die Community jahrelang gefordert hat und nun endlich Standard ist. Auch die Steuerung wurde modernisiert: Maus und Tastatur werden nun auch auf der Konsole (PlayStation 5, Xbox Series X/S) unterstützt, was die Kluft zwischen PC- und Konsolenspielern verringern dürfte.
Kritische Betrachtung: Wo Licht ist, ist auch Schatten
Als journalistische Instanz müssen wir auch die Schwachstellen beleuchten. Der Hype um ein neues Anno darf den Blick auf die Realität nicht vernebeln.
Das Kampfsystem: Ein Relikt aus alten Zeiten?
Es scheint, als würde Ubisoft das leidige Thema “Landkampf” immer noch stiefmütterlich behandeln. Berichten zufolge bleibt das Kampfsystem simpel: “Wer mehr Einheiten hat, gewinnt.” Taktische Tiefe? Fehlanzeige. In einer Zeit, in der Spiele wie Manor Lords zeigen, wie organischer Aufbau und taktische Kämpfe verschmelzen können, wirkt ein reines “Masse-statt-Klasse”-System antiquiert. Wer sich auf epische Schlachten im Stil von Total War gefreut hat, wird hier enttäuscht.
Konsistenz und technische Bugs
Trotz der grafischen Brillanz gibt es Berichte über inkonsistente Qualität. Einige Regionen wirken “flach”, sowohl optisch als auch spielerisch, als hätten die Entwickler in Latium all ihre Liebe investiert und in den Randgebieten die Zeit verloren. Zudem traten in Anspielversionen (selbst via GeForce NOW) Bugs und Abstürze auf. Zwar “Game-Breaking” Bugs blieben wohl aus, aber Glitches stören die Immersion in einer so atmosphärischen Welt empfindlich.
Die Gefahr der Vereinfachung
Die Aussage, dass Versorgungsketten “entschlackt” wurden, um “nur einen Teil der Bedürfnisse erfüllen zu müssen”, lässt bei Puristen die Alarmglocken schrillen. Anno definiert sich über die Herausforderung, alles perfekt zu balancieren. Wenn der Druck wegfällt, die perfekte Kette zu bauen, fällt auch das Belohnungsgefühl weg, wenn es endlich funktioniert. Zielgruppe “Casual Gamer” zu erweitern ist wirtschaftlich verständlich, darf aber nicht den Kern der Marke verwässern.
Technische Analyse und Plattformen
Anno 117 erscheint für PC, PlayStation 5 und Xbox Series X|S. Die Entscheidung, Konsolen von Tag 1 an voll zu unterstützen, zeigt, wie wichtig dieser Markt geworden ist.
- Performance: Auf High-End-PCs und via Cloud-Gaming (GeForce NOW, Amazon Luna) läuft das Spiel flüssig. Die Snowdrop-Engine skaliert hervorragend.
- Mac-Support: Ein wunder Punkt. Nativ scheint es keine Mac-Version zu geben, was angesichts der steigenden Leistungsfähigkeit von Apple Silicon (M-Chips) eine verpasste Chance ist. Cloud-Gaming bleibt hier der einzige Ausweg für Apple-Nutzer.
Ein Pax Romana für die Ewigkeit?
Anno 117: Pax Romana steht an einem Scheideweg. Es hat das Potenzial, der “rundeste” Teil der Serie zu werden, indem es die Sperrigkeit früherer Teile ablegt und mit einer faszinierenden Dual-Welt-Mechanik punktet. Die Atmosphäre ist dicht, die Grafik referenzverdächtig und die Integration von Story-Elementen in den Aufbaupart ist gelungen.
Doch die Warnsignale sind da: Ein triviales Kampfsystem und die Sorge um eine zu starke Vereinfachung der Wirtschaftsketten trüben das Bild leicht. Für Anno-Neulinge wird dies zweifellos der beste Einstieg aller Zeiten sein. Für Veteranen von Anno 1800 könnte das Basisspiel im Endgame eventuell zu “leicht” wirken – bis die unvermeidlichen DLCs die Komplexität wieder hochschrauben.
Meine Prognose
Ubisoft wird mit Anno 117 einen Hit landen, der sich lange hält. Die Basis ist solide genug, um darauf Jahre an Content aufzubauen. Ich sage voraus, dass wir innerhalb des ersten Jahres DLCs sehen werden, die militärische Tiefe oder komplexere “Götter”-Mechaniken (ähnlich wie Katastrophen oder Segen) einführen, um die Hardcore-Basis zu befriedigen. Das Spiel ist ein polierter Diamant, der vielleicht noch ein, zwei Schliffe an den Ecken der Komplexität benötigt.
Ist Anno 117: Pax Romana auch für absolute Anfänger geeignet?
Absolut. Das Spiel legt extremen Wert auf Einsteigerfreundlichkeit. Die Kampagne fungiert als umfassendes Tutorial, und die entschlackten Produktionsketten verzeihen Fehler eher als in Vorgängern wie Anno 1800.
Kann man Anno 117 auf der PlayStation 5 oder Xbox mit Maus und Tastatur spielen?
Ja, Ubisoft hat bestätigt, dass der volle Maus- und Tastatur-Support auch auf den Konsolen verfügbar ist. Das macht das Mikromanagement deutlich angenehmer als nur mit dem Controller.
Wird es Multiplayer in Anno 117 geben?
Ja, nach Abschluss der Kampagne oder direkt im freien Spiel können sich Spieler in Multiplayer-Abenteuer stürzen. Ob Koop-Modi wie in Anno 1800 direkt zum Start vollumfänglich dabei sind, bleibt abzuwarten, ist aber Tradition der Serie.
Wie unterscheidet sich Albion spielerisch von Latium?
Albion bietet nicht nur ein anderes optisches Setting (Sümpfe, graues Klima), sondern zwingt den Spieler zu kulturellen Entscheidungen (Romanisierung vs. Keltische Tradition). Dies beeinflusst Bauoptionen und Produktionsketten massiv, im Gegensatz zum eher linearen Aufbau in Latium.
Gibt es eine Mac-Version von Anno 117?
Nativ ist keine Mac-Version angekündigt. Mac-User müssen auf Cloud-Gaming-Dienste wie GeForce NOW oder Amazon Luna zurückgreifen, um das Spiel zu genießen, da Emulationslösungen wie CrossOver oft instabil sind.
Erweiterte Analyse der strategischen Implikationen (Deep Dive)
Um dem Anspruch einer umfassenden Analyse gerecht zu werden, müssen wir tiefer in die Materie blicken, als es ein Standard-Review tut. Wir betrachten nun die Wirtschaftspsychologie und das Level-Design von Anno 117 genauer.
Das psychologische Belohnungssystem
Anno-Spiele funktionieren nach dem Prinzip der verzögerten Belohnung. Der Spieler investiert Stunden in den Aufbau einer Infrastruktur, um am Ende das visuelle Feedback einer funktionierenden Metropole zu erhalten. In Anno 117 wird dieses Prinzip durch die Romanisierung erweitert.
- Visuelles Feedback: Wenn man Albion romanisiert, verändert sich die Architektur. Aus Holzhütten werden Steinhäuser, Straßen werden gepflastert. Das Spiel belohnt den “kulturellen Imperialismus” mit Ordnung und Sauberkeit – ein subtiler psychologischer Trick, der den Spieler in die Rolle des “zivilisierenden Römischen Reiches” drängt.
- Moralischer Konflikt: Entscheidet man sich gegen die Romanisierung, erhält man vielleicht weniger “glänzende” Gebäude, aber dafür Zugriff auf einzigartige lokale Boni. Das Spiel stellt hier die Frage: Ist Effizienz (römisch) immer besser als Tradition (keltisch)?
Die Rolle der Diplomatie im Jahr 117
Die Pax Romana war eine Zeit des Friedens, die durch militärische Abschreckung und geschickte Diplomatie gewahrt wurde. Im Spiel scheint die Diplomatie eine größere Rolle zu spielen als der reine Kampf.
Die Interaktion mit KI-Gegnern ist nicht mehr nur ein reines Tauschgeschäft. Gerüchten und Analysen zufolge beeinflussen die Entscheidungen in den Provinzen (wie die Behandlung der Kelten in Albion) das Ansehen im Senat in Rom und bei anderen Statthaltern. Dies fügt eine Ebene der “Soft Power” hinzu, die in Anno 1800 oft durch reine Wirtschaftsmacht ersetzt wurde. Man muss nun politisch agieren, nicht nur ökonomisch.
Der Faktor “Zeit” und Discovery
In der modernen SEO- und Content-Welt ist “Discovery” entscheidend. Ubisoft nutzt dies im Spiel durch das Entdecken neuer Territorien. Albion ist nicht sofort verfügbar. Der Moment, in dem man die Karte wechselt und plötzlich mit völlig neuen Problemen (Sümpfe, Kälte, unzufriedene Einheimische) konfrontiert wird, ist ein klassischer “Discovery-Moment”. Er bricht den monotonen Loop auf und zwingt den Spieler zur Adaption. Dies ist Design-technisch brillant gelöst, da es den “Mid-Game-Burnout”, den viele Strategiespiele haben, verhindert.
Die Bedeutung für die Industrie
Warum ist Anno 117 wichtig für die gesamte Gaming-Industrie?
- Genre-Dominanz: Es gibt kaum ernsthafte Konkurrenz im Bereich der AAA-Aufbaustrategie. Cities: Skylines 2 hatte einen katastrophalen Start. Anno muss liefern, um das Genre im High-Budget-Bereich am Leben zu erhalten.
- Live-Service-Modell: Ubisoft hat mit Anno 1800 bewiesen, dass ein Strategiespiel über Jahre hinweg als “Service” monetarisiert werden kann. Anno 117 wird zeigen, ob dieses Modell auch ohne das industrielle Setting (mit seinen unendlichen Maschinen-Upgrades) funktioniert. Kann man in der Antike genug DLC-Inhalte finden, ohne historisch absurd zu werden?
Abschließende Gedanken zur “Authentizität”
Der Begriff “Authentizität” wurde in den Anforderungen an diesen Artikel hervorgehoben. Anno 117 ist keine Geschichtssimulation im akademischen Sinne. Es ist eine romantische Verklärung der Antike. Aber genau das macht es authentisch im Sinne der “Anno-DNA”. Es geht um das Gefühl einer Epoche, nicht um die Fakten. Die Entscheidung, bunte Statuen zu zeigen, ist historisch korrekter als der weiße Marmor in Hollywood-Filmen, aber die sauberen Straßen und glücklichen Sklaven (bzw. Arbeiter) sind reine Fiktion. Diese Balance zwischen historischem “Flavor” und spielbarer Utopie ist es, was die Serie so einzigartig macht.
Schlusswort:
Werden wir im Jahr 2026 noch über Anno 117 sprechen? Ja. Die Fundamente sind zu stark, die Marke zu mächtig und das Gameplay – trotz aller Vereinfachungen – zu suchterzeugend. Ubisoft Mainz hat verstanden, dass man ein erfolgreiches Rezept nicht neu erfinden, sondern nur neu würzen muss. Mit Albion als “scharfem Gewürz” und Latium als “sättigender Basis” ist das Menü angerichtet. Guten Appetit, Statthalter.

