Die US-Hypothekenbranche steht vor einer massiven Herausforderung: Steigende Zinsen und eine sinkende Kreditnachfrage haben bereits zu ersten Pleiten geführt.
Die Insolvenz mehrerer Hypothekenbanken wie der First Guaranty Mortgage Corp. und Sprout Mortgage deutet darauf hin, dass sich der Markt in einer kritischen Phase befindet. Nicht-qualifizierte Hypotheken (NQM), die ursprünglich als flexible Lösung für Selbstständige oder Kreditnehmer mit untypischen Einkommensverhältnissen gedacht waren, stehen plötzlich im Zentrum der Aufmerksamkeit.
In diesem Artikel werfen wir einen detaillierten Blick auf die aktuellen Entwicklungen, welche Auswirkungen sie auf den europäischen Markt haben könnten und welche Lehren sich aus den Fehlern der Vergangenheit ziehen lassen.
Was sind „Nicht-qualifizierte Hypotheken“ (NQM)?
Nicht-qualifizierte Hypotheken (NQM) sind spezielle Kreditangebote, die es ermöglichen, Finanzierungen auch ohne traditionelle Einkommensverifizierung zu erhalten. Diese Art von Hypothek wird oft von Selbstständigen, Freiberuflern oder Menschen mit unregelmäßigen Einkommensströmen genutzt, die es schwer haben, bei klassischen Banken eine Finanzierungszusage zu bekommen.
Wichtige Merkmale von NQMs:
- Flexible Kreditvergabe: Statt fester Einkommensnachweise wie Gehaltsabrechnungen werden andere Dokumente, wie Steuererklärungen oder Kontoauszüge, akzeptiert.
- Höheres Risiko: Da diese Kredite weniger reguliert und standardisiert sind, bergen sie höhere Risiken für Kreditgeber.
- Alternative Zielgruppe: Vor allem Personen, die in die Kategorie der untypischen Kreditnehmer fallen, wie beispielsweise Immobilieninvestoren oder Selbstständige, profitieren von NQMs.
Warum NQMs heute so problematisch sind:
Mit den steigenden Zinssätzen in den USA wird es für Kreditnehmer immer schwieriger, ihre Hypotheken zu bedienen. Banken und Hypothekenanbieter geraten zunehmend unter Druck, da die Nachfrage nach neuen Krediten einbricht und bereits vergebene Kredite nicht mehr ordnungsgemäß bedient werden können.
Hypothekenbanken gehen pleite – was bedeutet das?
Die Pleiten der First Guaranty Mortgage Corp. und Sprout Mortgage werfen die Frage auf, wie robust der US-Immobilienmarkt wirklich ist. Beide Unternehmen spezialisierten sich auf Nicht-qualifizierte Hypotheken, was zeigt, dass diese Kredite im aktuellen Marktumfeld immer riskanter werden.
Die First Guaranty Mortgage Corp. meldete Insolvenz an, nachdem das Kreditvolumen aufgrund steigender Zinssätze drastisch zurückgegangen war. In ihrer Insolvenzmeldung erklärte das Unternehmen, es schulde mehr als 473 Millionen US-Dollar an Gläubigern. Sprout Mortgage, ein weiterer großer Anbieter von NQMs, stellte seinen Betrieb im Sommer 2022 abrupt ein.
Bedeutung für den Markt:
- Zunehmende Unsicherheit: Hypothekenbanken, die keine traditionellen Kreditgeber sind, könnten in den kommenden Monaten vermehrt Schwierigkeiten bekommen. Dies könnte zu einer Kettenreaktion führen, bei der auch andere kleinere Banken und Kreditgeber ins Straucheln geraten.
- Gefahr für Kreditnehmer: Kreditnehmer, die NQMs aufgenommen haben, könnten sich in einer schwierigen Lage wiederfinden, wenn ihre Kreditgeber pleitegehen. Es ist jedoch wichtig zu wissen, dass bestehende Hypotheken in der Regel von anderen Kreditgebern übernommen werden.
Droht eine Finanzkrise wie 2008?
Eine der großen Sorgen vieler Experten ist, dass diese Insolvenzen der Anfang einer neuen Finanzkrise sein könnten – ähnlich wie im Jahr 2008, als der Zusammenbruch des Immobilienmarktes eine weltweite Wirtschaftskrise auslöste.
Unterschiede zu 2008:
- Strengere Kreditvergaberegeln: Nach der Finanzkrise von 2008 wurden die Regeln zur Kreditvergabe deutlich verschärft. Hypotheken sind heute besser abgesichert, und die Anforderungen an die Kreditwürdigkeit der Antragsteller sind höher.
- Risikomanagement: Die heutigen NQMs sind weniger riskant als die Subprime-Hypotheken, die zur Krise 2008 führten. Viele dieser Kredite basieren auf solideren finanziellen Grundlagen, auch wenn sie flexibelere Einkommensnachweise akzeptieren.
Warum dennoch Vorsicht geboten ist:
Die Pleiten von Hypothekenbanken sind ein ernstes Warnsignal. Auch wenn die Wahrscheinlichkeit eines erneuten Zusammenbruchs im Stil von 2008 gering ist, könnten die wirtschaftlichen Folgen erheblich sein – vor allem, wenn die Zinssätze weiter steigen.
Die Rolle der Zinspolitik
Ein entscheidender Faktor für die Stabilität des Hypothekenmarktes sind die Zinsen. Mit jeder Zinserhöhung durch die US-Notenbank (Fed) wird es für Käufer und Kreditnehmer schwieriger, Immobilien zu finanzieren. Der durchschnittliche Zinssatz für 30-jährige Hypotheken liegt derzeit bei über 5 %, was viele potenzielle Käufer vom Markt fernhält.
Wie Zinserhöhungen den Markt beeinflussen:
- Sinkende Nachfrage: Mit höheren Zinsen wird es schwieriger, Kredite zu bekommen, was die Nachfrage nach Immobilien drückt.
- Schwierigkeiten für Verkäufer: Verkäufer, die ihre Immobilien loswerden wollen, sehen sich mit immer weniger potenziellen Käufern konfrontiert. Sie müssen oft Preisnachlässe oder andere Zugeständnisse machen.
- Bedeutung für den europäischen Markt: Auch in Europa sind die Zinssätze in den letzten Jahren gestiegen. Banken und Kreditnehmer müssen hier ebenfalls Vorsicht walten lassen, da steigende Zinsen die Zahlungsfähigkeit gefährden können.
Was bedeutet das für Käufer und Verkäufer?
Für viele Käufer ist der aktuelle Markt extrem unsicher. Wer einen Kredit aufnehmen will, muss sich auf hohe Zinsen einstellen. Zudem werden Banken und Kreditgeber immer strenger bei der Vergabe von Hypotheken.
Tipps für Käufer:
- Gute Bonität: Stellen Sie sicher, dass Ihre Kreditwürdigkeit in einem guten Zustand ist, bevor Sie eine Hypothek beantragen.
- Strategische Angebote: In einem angespannten Markt könnte es sinnvoll sein, ein Angebot über dem verlangten Preis abzugeben oder auf gewisse Inspektionsrechte zu verzichten, um den Kauf abzuschließen.
Tipps für Verkäufer:
- Timing ist alles: Wenn möglich, könnte es ratsam sein, den Verkauf Ihrer Immobilie zu verschieben, bis sich die Zinssätze stabilisieren.
- Barangebote bevorzugen: Verkäufer, die Barangebote akzeptieren, können den Verkaufsprozess beschleunigen und vermeiden Probleme mit unsicheren Kreditgebern.
Häufig gestellte Fragen:
1. Was sind Nicht-qualifizierte Hypotheken (NQM)?
NQMs sind Hypotheken, die auf untypische Einkommensverifizierungen basieren und vor allem von Selbstständigen oder Personen mit unregelmäßigem Einkommen genutzt werden.
2. Welche Risiken bergen NQMs?
Da NQMs weniger reguliert sind und flexiblere Einkommensnachweise akzeptieren, sind sie riskanter als traditionelle Hypotheken. Dies macht sie in Zeiten steigender Zinsen besonders anfällig.
3. Warum gehen Hypothekenbanken in den USA pleite?
Die steigenden Zinssätze und die sinkende Nachfrage nach Krediten setzen viele Hypothekenbanken unter Druck. Einige Anbieter, die sich auf NQMs spezialisiert haben, mussten bereits Insolvenz anmelden.
4. Droht eine Finanzkrise wie 2008?
Obwohl die Situation ernst ist, sind die heutigen Kredite besser abgesichert als die Subprime-Hypotheken von 2008. Eine Krise wie damals erscheint derzeit unwahrscheinlich, aber eine wirtschaftliche Abkühlung ist nicht ausgeschlossen.
Fazit
Die Insolvenzen von Hypothekenbanken in den USA sind ein ernstzunehmendes Warnsignal für den globalen Finanzmarkt. Steigende Zinsen, striktere Kreditvergaberegeln und die wachsende Unsicherheit auf dem Immobilienmarkt stellen sowohl Käufer als auch Verkäufer vor große Herausforderungen. Käufer sollten ihre Bonität sorgfältig prüfen und strategisch agieren, während Verkäufer möglicherweise den richtigen Zeitpunkt abwarten sollten, um ihre Immobilien auf den Markt zu bringen.