Einleitung: Das Abenteuer Familie neu gedacht
Familie – für viele Menschen bedeutet das Vater, Mutter und Kind. Doch was passiert, wenn dieser traditionelle Familienaufbau nicht zustande kommt? Ulrike Draesners Buch „zu lieben“ nimmt uns mit auf eine sehr persönliche Reise in die Welt der Adoption, der Liebe, und der unkonventionellen Familienkonstellationen.
Es ist eine Geschichte, die nicht nur berührt, sondern auch zum Nachdenken anregt: Was bedeutet es wirklich, Mutter zu sein? Welche Rolle spielt die Herkunft eines Kindes? Und wie verändert sich das Verständnis von Familie in einer Zeit, in der alternative Lebensformen immer mehr an Bedeutung gewinnen?
Die Geschichte hinter „zu lieben“: Ein persönlicher Erfahrungsbericht
Draesners Buch beginnt mit einem Moment, den sie nie vergessen wird – ein Anruf in einem Münchener Café. Die Nachricht, dass sie ein Kind adoptieren kann, verändert alles. Nach jahrelangen Versuchen, ein leibliches Kind zu bekommen, und mehreren Fehlgeburten, scheint der Traum einer eigenen Familie endlich in Erfüllung zu gehen. Doch anstelle eines Romans erzählt Draesner hier ihre eigene Geschichte – die Geschichte von ihr und ihrer Tochter Mary, die sie aus einem Kinderheim in Sri Lanka adoptiert hat.
Die Entscheidung, den Begriff „Roman“ auf dem Buchtitel durchzustreichen, unterstreicht die Authentizität der Erzählung. „zu lieben“ ist keine fiktive Erzählung, sondern eine echte, emotionale Auseinandersetzung mit den Herausforderungen und Freuden der Adoption.
Muttersein neu definiert: Der erste Kontakt mit Mary
Für Draesner ist die Begegnung mit ihrer zukünftigen Tochter Mary eine emotionale Achterbahnfahrt. Mary ist drei Jahre alt und lebt in einem Kinderheim in Sri Lanka. Die ersten Tage des Kennenlernens sind von Unsicherheiten und Zweifeln geprägt.
Mary, die sich kaum öffnet, bleibt verschlossen und zurückgezogen. Sie spricht wenig und scheint in ihrer Entwicklung hinterherzuhinken. Diese erste Begegnung ist alles andere als einfach – und Draesner schildert offen ihre Gefühle von Enttäuschung und Frustration. „Ich fand es nicht entzückend. Dann fand ich es entzückend. Sekunden später sah es wieder so fremd aus.“
Hier wird deutlich, dass Muttersein nicht immer mit der Geburt eines Kindes beginnt, sondern ein Prozess der Annäherung und des Verstehens ist. Draesner beschreibt, wie sie versucht, das Vertrauen des kleinen Mädchens zu gewinnen, oft ohne Erfolg. Doch sie gibt nicht auf – denn Familie bedeutet für sie, aneinander festzuhalten, auch wenn es schwierig ist.
Adoption: Mehr als nur ein rechtlicher Akt
Adoption ist ein Thema, das oft mit Unsicherheiten und Ängsten verbunden ist – sowohl für die adoptierenden Eltern als auch für die Kinder. Draesner beschreibt eindrucksvoll, wie schwierig es ist, eine Bindung zu einem Kind aufzubauen, das man nicht von Geburt an kennt.
„Ein Kind und seine Adoptiveltern kleben nicht mir nichts dir nichts aneinander,“ schreibt sie. Dieser Satz bringt die Herausforderungen auf den Punkt: Es braucht Zeit, Geduld und Liebe, um eine echte Verbindung herzustellen.
Mary ist zu Beginn verschlossen und distanziert, was die Situation für Draesner noch schwieriger macht. Doch durch kleine Gesten und Momente des Miteinanders beginnt sich langsam eine Beziehung zu entwickeln – eine Beziehung, die schließlich in Liebe mündet. Die Autorin lässt uns an diesem Prozess teilhaben und zeigt, dass Muttersein nicht nur biologisch, sondern auch emotional definiert werden kann.
Sri Lanka: Das Leben im Kinderheim
Ein zentraler Aspekt des Buches ist das Leben im Kinderheim in Sri Lanka. Draesner beschreibt die Bedingungen dort nüchtern und ohne Beschönigungen. Die Grundbedürfnisse der Kinder werden zwar gedeckt, doch Zeit für Herzlichkeit oder individuelle Zuwendung bleibt kaum. Diese Erfahrungen prägen Mary und beeinflussen ihre Fähigkeit, sich zu öffnen. Draesner stellt die Frage: „Welche Bedeutung hat Herkunft und welche Bedeutung wollen wir ihr beimessen?“
Diese Frage zieht sich wie ein roter Faden durch das Buch. Heißt Muttersein, ein Kind selbst zur Welt zu bringen? Draesner gibt darauf keine einfache Antwort, sondern lässt den Leser selbst darüber nachdenken, was Familie wirklich ausmacht.
Die großen Fragen des Lebens: Was bedeutet es, zu lieben?
Der Titel des Buches „zu lieben“ stellt die zentrale Frage in den Vordergrund: Was bedeutet es eigentlich, bedingungslos zu lieben? Draesner beschreibt Liebe nicht als etwas, das von Anfang an da ist, sondern als etwas, das wächst – durch Vertrauen, Geduld und gegenseitiges Verstehen. Die Beziehung zwischen Mutter und Kind ist einzigartig, aber sie ist nicht immer einfach. Draesner zeigt, dass Liebe auch bedeutet, schwierige Phasen zu überstehen und sich trotz aller Widrigkeiten aufeinander einzulassen.
Die Bedeutung von Familie: Mehr als nur biologische Bande
Ein weiteres wichtiges Thema, das Draesner anspricht, ist die Definition von Familie. In einer Zeit, in der immer mehr Menschen alternative Lebensformen wählen, stellt sich die Frage, was Familie eigentlich bedeutet. Ist es die biologische Verbindung oder sind es die gemeinsamen Erlebnisse und die gegenseitige Unterstützung, die eine Familie ausmachen? Für Draesner ist klar: Familie ist dort, wo Liebe ist. Diese einfache, aber tiefgründige Erkenntnis zieht sich durch das gesamte Buch.
FAQs zu Ulrike Draesners „zu lieben“
1. Worum geht es in Ulrike Draesners Buch „zu lieben“?
In „zu lieben“ erzählt Ulrike Draesner die Geschichte ihrer Adoptionserfahrung und reflektiert über die Bedeutung von Muttersein, Familie und bedingungsloser Liebe.
2. Warum hat Draesner den Begriff „Roman“ auf dem Buchtitel durchgestrichen?
Draesner hat den Begriff „Roman“ durchgestrichen, um zu betonen, dass es sich um ihre persönliche Geschichte handelt und nicht um eine fiktive Erzählung.
3. Welche Rolle spielt die Herkunft des Kindes in der Geschichte?
Die Herkunft des Kindes spielt eine zentrale Rolle im Buch, da Draesner die Frage aufwirft, welche Bedeutung die biologische Herkunft im Vergleich zu emotionalen Bindungen hat.
4. Wie beschreibt Draesner die Annäherung an ihre Tochter Mary?
Draesner beschreibt den schwierigen Prozess der Annäherung, der von vielen Unsicherheiten, aber auch kleinen Momenten des Glücks geprägt ist. Mary ist zu Beginn verschlossen, doch mit der Zeit entwickelt sich eine tiefe Bindung zwischen Mutter und Tochter.
Fazit: Eine neue Perspektive auf Liebe und Familie
Ulrike Draesners „zu lieben“ ist mehr als nur ein Buch über Adoption – es ist eine tiefgründige Auseinandersetzung mit der Frage, was es bedeutet, zu lieben und eine Familie zu sein. Draesner öffnet ihre Welt und lässt die Leser an ihren Ängsten, Zweifeln und Freuden teilhaben. Am Ende bleibt die Erkenntnis: Familie ist nicht durch Blut definiert, sondern durch die Liebe, die man füreinander empfindet.