Künstliche Intelligenz (KI) bietet vielversprechende Möglichkeiten zur Steigerung der Wertschöpfung in Österreich. Eine neue Studie des Wirtschaftsforschungsinstituts Economica im Auftrag von Microsoft Austria und Accenture zeigt, dass durch den Einsatz von KI die Wertschöpfung in Österreich um 18 Prozent erhöht werden kann.
Dies wäre gleichbedeutend mit einem technologischen Fortschritt, der jährlich 2,24 Milliarden zusätzliche Arbeitsstunden verfügbar macht.
Ökonomische Effekte der KI
Die Einführung von KI in verschiedene Sektoren der österreichischen Wirtschaft hätte einen erheblichen Einfluss auf die Produktivität. Diese zusätzlichen 2,24 Milliarden Arbeitsstunden entsprechen dem gesamten Output der Bundesländer Wien und Steiermark zusammen.
Laut den Ergebnissen der Studie von Economica könnte Österreich signifikante Effizienzgewinne erzielen, insbesondere in Sektoren mit bisher geringem KI-Einsatz und einem hohen administrativen Anteil.
Branchen mit hohem Potenzial
Die Studie analysiert die aggregierten Effekte von KI auf die Produktivität nach Sektor, Beruf und Aufgabe. Unternehmen, die noch nicht hochgradig digitalisiert sind, wurden in die Analyse einbezogen. Die berechnete Steigerung der Wertschöpfung um 18 Prozent berücksichtigt das unterschiedliche Potenzial zur Steigerung der Produktivität durch KI in verschiedenen Arbeitsbereichen.
Besonders Berufe mit einem hohen Anteil an administrativen Aufgaben haben durchschnittlich mehr Möglichkeiten, ihre Produktivität durch KI zu steigern. Gleichzeitig können Manager in allen Branchen, die bereits hohe Wertschöpfung erzeugen, durch KI unterstützt werden.
Notwendige Maßnahmen zur Nutzung des Potenzials
Um das volle Potenzial der KI in Österreich zu nutzen, sind mehrere Voraussetzungen notwendig. Dazu gehören einheitliches Management, rechtliche Sicherheit, eine proaktive internationale Einstellung und gezielte Aus- und Weiterbildung von Fachkräften.
Bei einer Pressekonferenz präsentierten Hermann Erlach, General Manager bei Microsoft Austria, Christian Helmenstein, Chefvolkswirt der Industriellenvereinigung und Leiter des Wirtschaftsforschungsinstituts Economica, und Patricia Neumann, Präsidentin des Digitalindustrieverbands Internetoffensive Österreich und CEO der Siemens AG Österreich, die Ergebnisse der neuen Studie und skizzierten Empfehlungen für das Handeln von Österreich als Wirtschaftsstandort.
Digitalisierung als politische Priorität
Die Digitalisierungslücke ist besonders bei kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) in Österreich groß. 79,7 Prozent der Unternehmen mit weniger als 50 Mitarbeitern haben eine sehr geringe bis niedrige Digitalisierung, und nur 8,9 Prozent nutzen bereits KI (Statistik Austria). Die EU hat sich das Ziel gesetzt, dass bis 2030 mehr als 90 Prozent der KMU eine mindestens geringe Digitalisierung erreichen.
Um dieses Ziel zu erreichen, sind rechtliche Sicherheit und klare Rahmenbedingungen von entscheidender Bedeutung. Ein risiko- und innovationsfreundlicher Regulierungsansatz wie der EU AI Act ist eine wichtige Maßnahme. Politiker sind gefordert, hier am Ball zu bleiben. Eine einheitliche Kontrollstruktur ist essenziell, um die Wettbewerbsfähigkeit Österreichs zu sichern. Digitale Kompetenzen müssen in allen Bereichen gefördert werden, und das Bildungssystem muss schnell angepasst werden, um die zukünftigen Arbeitskräfte optimal vorzubereiten.
Demografische Herausforderungen und die Rolle der KI
Während Österreich im DESI-Index 2022 noch auf Platz 10 lag, fiel es 2023 auf Platz 14 zurück (DESI, 2023). Der demografische Wandel stellt Österreich vor erhebliche Herausforderungen: 2021 gab es 109.135 Pensionierungen, aber nur 69.656 Schulabsolventen und Lehrabschlüsse (Statistik Austria).
Der Bedarf an Arbeitskräften wird bis 2040 allein im öffentlichen Sektor um rund 55.000 Arbeitsplätze steigen (Statistik Austria, WKÖ). Während die Anzahl der Beschäftigten insgesamt zunimmt, sinkt die jährliche Arbeitszeit pro Person. Die Gesamtproduktivität pro Person bleibt damit weitgehend konstant, und die Produktivität pro Stunde steigt entsprechend an. Diese positive Entwicklung kann durch den Einsatz von KI weiter gestärkt werden.
Aussagen der Experten zur Studie
Christian Helmenstein, Autor der Studie, erläuterte die Ergebnisse:
„Die Zahlen zeigen eindrucksvoll, dass der Einsatz von künstlicher Intelligenz nicht nur die Wertschöpfung erhöht, sondern auch zentrale sozio-demografische Herausforderungen adressiert. Der verstärkte Einsatz von KI im privaten und öffentlichen Sektor fördert das Produktivitätswachstum der österreichischen Wirtschaft insgesamt und mildert so die Belastungen des demografischen Wandels.“
Hermann Erlach, General Manager bei Microsoft Austria, hob die Bedeutung der KI für Innovation und Wettbewerbsfähigkeit hervor:
„Die Potenziale von KI werden zunehmend als zentraler Treiber von Innovation und Wettbewerbsfähigkeit erkennbar. Unsere Unternehmen müssen mit der internationalen Konkurrenz Schritt halten, und Politiker sind aufgefordert, die notwendigen Rahmenbedingungen zu schaffen. Wir sind auf dem richtigen Weg, aber es gibt noch viel zu tun, um die Chancen der künstlichen Intelligenz voll auszuschöpfen.“
Empfehlungen für die nächsten Schritte
Patricia Neumann, Präsidentin des Digitalindustrieverbands Internetoffensive Österreich und CEO der Siemens AG Österreich, betonte die Notwendigkeit einer klaren digitalen Prioritätensetzung:
„Eine einheitliche Kontrollstruktur ist essenziell, um die Wettbewerbsfähigkeit Österreichs zu sichern. Klare Verantwortlichkeiten und eine ‚Digital First‚-Politik sind erforderlich, ebenso wie die Förderung digitaler Fähigkeiten in allen Bereichen. Das Bildungssystem muss schnell angepasst werden, um die zukünftigen Arbeitskräfte gut vorzubereiten. Österreich sollte auch eine proaktive Haltung in der internationalen Technologiepolitik einnehmen und am internationalen Digitalisierungsdiskurs teilnehmen.“
Einsatz von KI in der Industrie: Ein Erfahrungsbericht
Karl Ochsner, Geschäftsführer von Ochsner Wärmepumpen und Präsident des Niederösterreichischen Industrieverbandes, erläuterte, warum er in seinem Unternehmen keine Abteilung ohne den Einsatz von KI akzeptiert:
„Von einer österreichischen und europäischen Perspektive aus müssen wir überlegen, wie wir unsere Position als Industriestandort erhalten können. Dazu müssen wir unsere größte Wettbewerbsfähigkeit optimieren, und das ist die Produktivität. Es gibt kein besseres Werkzeug als künstliche Intelligenz, um die Produktivität massiv in allen Bereichen zu steigern.“
Anwendungsbeispiele von KI
Ochsner beschreibt, wie KI in verschiedenen Bereichen seines Unternehmens eingesetzt wird:
„Unsere Mitarbeiter sehen KI nicht als Risiko für ihre Arbeitsplätze, sondern als Möglichkeit, die steigende Arbeitslast mit gleichem Aufwand zu bewältigen. AI-generierte Bilder sparen Zeit und Ressourcen im Marketing. Auch in der Forschung und Entwicklung hilft KI, Daten schneller auszuwerten und Zeit für die eigentliche Produktentwicklung zu sparen. In der Verwaltung können wir mit KI die Effizienz steigern und so mehr Menschen in operativen Bereichen einsetzen.“
Fazit
Die Einführung von KI kann Österreich einen entscheidenden Wettbewerbsvorteil verschaffen, die Produktivität in allen Sektoren steigern und den Herausforderungen des demografischen Wandels begegnen. Um das volle Potenzial auszuschöpfen, sind jedoch klare politische Strategien, gezielte Bildungsmaßnahmen und rechtliche Rahmenbedingungen notwendig. Der Weg zu einer digitalisierten Zukunft muss jetzt eingeschlagen werden, um Österreich langfristig als innovativen und wettbewerbsfähigen Wirtschaftsstandort zu sichern.
Referenzen:
- Studie des Wirtschaftsforschungsinstituts Economica im Auftrag von Microsoft Austria und Accenture
- Pressekonferenz von Hermann Erlach (Microsoft Austria), Christian Helmenstein (Economica), Patricia Neumann (Siemens AG Österreich)
- Statistik Austria: Demografische Daten und Digitalisierungsstatistiken