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Ein zweites Scheitern für Lilium
Das deutsche Start-up Lilium galt lange als Hoffnungsträger der innovativen Luftfahrtindustrie. Mit einer Vision, die Mobilität zu revolutionieren, beispielsweise durch vollelektrische Flugtaxis, schien Lilium ein bedeutender Schritt in Richtung nachhaltiger Luftfahrttechnologien.
Doch nur wenige Jahre nach seiner Gründung im Jahr 2015 steht das Unternehmen vor dem endgültigen Aus. Zum zweiten Mal innerhalb kurzer Zeit musste Lilium Insolvenz anmelden, nachdem ein Rettungspaket von Investoren gescheitert ist.
Geplatzte Hoffnungen auf Rettung
Die jüngste Insolvenz folgt auf eine Reihe von Rückschlägen. Nach einem ersten Scheitern im Herbst 2024 hatte sich Lilium zunächst mit Hilfe eines Konsortiums von Investoren erholt. Dieses hatte 200 Millionen Euro frisches Kapital zugesagt, um das Unternehmen zu sanieren. Doch die Gelder kamen nicht wie vereinbart zusammen. Wichtige Zusagen, etwa vom slowakischen Unternehmer Marian Bocek, platzten. Bocek, der als Hauptinvestor 150 Millionen Euro bereitstellen wollte, konnte offenbar die notwendigen Mittel nicht aufbringen.
Auch andere Investoren wie der Batterieentwickler CustomCells und der Risikokapitalfonds Earlybird wurden in den Rettungsbemühungen genannt, ohne dass ein signifikanter Durchbruch erzielt werden konnte. Somit blieben Liliums ambitionierte Pläne für elektrische Hybridjets – darunter Flugzeuge mit vertikalem Start und Landung – unerfüllt.
Das Auf und Ab der Lilium-Geschichte
Ein Start mit ambitionierten Zielen
Gegründet im Jahr 2015, wollte Lilium die Luftfahrtbranche mit seinem Konzept vollelektrischer Flugtaxis revolutionieren. Die unbemannten und später bemannten Jets sollten nicht nur den städtischen Verkehr entlasten, sondern auch neue Märkte erschließen – beispielsweise im Bereich der medizinischen Notfallrettung.
Der Lilium Jet, das Kernprodukt des Unternehmens, war auf vertikalen Start- und Landeantrieb spezialisiert und erhielt frühzeitig Aufmerksamkeit von Investoren weltweit.
Investoren stellten dem Unternehmen im Laufe der Jahre 1,5 Milliarden Euro zur Verfügung. Diese Mittel flossen in Forschung, Prototypen und Betriebskosten. Laut Lilium war der erste bemannte Testflug für 2025 geplant. Doch trotz des hohen Kapitals und der Technologiefortschritte schaffte es das Unternehmen nie, ein serienreifes Produkt auf den Markt zu bringen.
Liste von Fehlern und Hürden
Lilium stand vor zahlreichen Herausforderungen. Neben den immensen Produktionskosten und Entwicklungsproblemen litt das Unternehmen auch unter Standortnachteilen. Die komplexen Vorschriften in der Luftfahrtindustrie verlangten langwierige Zulassungsverfahren, wodurch die geplanten Markteinführungen regelmäßig verschoben wurden.
Kritiker bemängelten außerdem Liliums hohen Kapitalverbrauch und mahnten an, dass die ambitionierten Projekte des Unternehmens möglicherweise nicht mit einem tragfähigen Geschäftsmodell unterlegt waren.
Der Absturz 2024
Im Herbst 2024 erschütterte die erste Insolvenz Lilium. Nach eigener Aussage wurde der Firma das Geld knapp, um den Aufbau der Produktion sicherzustellen. Kurz bevor die Tore ganz geschlossen wurden, hatte das Konsortium Mobile Uplift Corporation (MUC) eine Rettung in letzter Minute initiiert. Ziel war es, Liliums Betriebsteile, einschließlich der Tochtergesellschaften Lilium GmbH und Lilium eAircraft, zu übernehmen und die Jobs von 775 Mitarbeitern zu retten.
Doch schon damals stand fest, dass diese Rettung unter gewissen Bedingungen abgeschlossen werden musste. Der erneute Rückschlag Ende 2024 schließlich brachte das Unternehmen in eine noch tiefere Krise.
Die Herausforderungen für deutsche Start-ups
Die Insolvenz von Lilium ist ein Weckruf für die deutsche und europäische Start-up-Szene, insbesondere im Hightech- und Luftfahrtbereich.
Kapitalbeschaffung bleibt schwierig
Obwohl Lilium beeindruckende Summen an Risikokapital einsammeln konnte, zeigt der Fall einmal mehr, wie schwierig es für Start-ups ist, über einen langen Zeitraum hinweg finanzielle Stabilität zu gewährleisten. Selbst gut vernetzte Gründer mit globalen Ambitionen kämpfen oft damit, auf volatilem Investitionskapital zu bauen.
Innovationsdruck in der Luftfahrt
Besonders in Sektoren wie der Luftfahrt stehen Start-ups unter enormem Druck. Neben hohen Entwicklungs- und Zulassungskosten müssen sie staatliche Vorschriften einhalten, sich gegen etablierte Großkonzerne behaupten und technologische Innovationen marktreif umsetzen – all das bei unsicheren Einnahmequellen.
Standortnachteile Deutschlands
Viele Branchenexperten sehen auch Standortnachteile in Deutschland als mitentscheidend. Gründungen scheitern oft an bürokratischen Hürden und fehlender staatlicher Unterstützung für Start-ups in Schlüsseltechnologien. Damit bleibt die Frage offen, ob Deutschland und Europa das Potenzial haben, mit den Technologieriesen aus den USA oder China zu konkurrieren.
Auswirkungen auf die europäische Innovationslandschaft
Ein wachsendes Risiko
Die Lilium-Insolvenz wird dem Vertrauen in die europäische Start-up-Kultur nicht unbedingt helfen. Auch potenzielle Investoren könnten nachdenklich werden und ihre Unterstützung zurückschrauben, wenn proaktive Regulierungsmaßnahmen fehlen oder Versagen eintreten.
Der Ruf von Hightech-Start-ups
Es gibt jedoch Stimmen, die betonen, dass trotz solcher Rückschläge ehrgeizige Projekte gefördert werden müssen. Start-ups wie Lilium repräsentieren die europäische Innovationskraft und ziehen Talente und Investoren an – auch wenn nicht jede Idee ein Erfolg wird.
Der nächste Schritt
Die Lilium-Insolvenz zeigt, dass innereuropäische Kooperationen und neue Geschäftsmodelle gefragt sind, um revolutionäre Technologien umzusetzen. Ziel muss es sein, sowohl Venture-Capital-Strukturen zu verbessern als auch junge Unternehmen vor finanziellen Brüchen zu bewahren, ohne den Innovationsgeist zu ersticken.
Fazit – Eine Lektion in Innovation und Risiko
Die Insolvenz von Lilium ist ein eindringliches Beispiel für die Risiken und Herausforderungen, mit denen Start-ups in der Hightech-Branche konfrontiert sind. Obwohl es nicht gelungen ist, den Traum von nachhaltigen Flugtaxis Wirklichkeit werden zu lassen, bleibt Lilium eine Erinnerung an den Innovationsdrang, der auch in Europa existiert.
Die Zukunft des technologischen Fortschritts wird zweifelsohne von solchen bahnbrechenden Ideen abhängen, doch Erfolg und Misserfolg sind zwei Seiten derselben Medaille. Regulierungsbehörden, Investoren und Unternehmer müssen enger zusammenarbeiten, um verantwortungsvolle Innovation zu ermöglichen und die europäische Start-up-Landschaft für kommende Herausforderungen zu stärken.