
Die Entscheidung, die Social-Media-Plattform X (ehemals Twitter) zu verlassen, markiert eine bedeutsame Wende in der Nutzung sozialer Medien durch akademische Institutionen. Mehr als 60 deutsche Hochschulen und akademische Einrichtungen haben angekündigt, ihre Präsenz auf der Plattform einzustellen.
Grund dafür ist eine zunehmende Radikalisierung, algorithmische Verzerrung rechtspopulistischer Inhalte und die Verbreitung von Falschinformationen. Dieser Schritt hat weitreichende Konsequenzen für die akademische Kommunikation und wirft die Frage auf, wie Wissenschaft in Zukunft in der digitalen Welt präsentiert und geteilt werden kann.
Warum verlassen Hochschulen Plattform X?
1. Radikalisierung und Hassrede auf der Plattform
Seit der Übernahme von X durch Elon Musk wurde die Plattform zunehmend wegen ihrer algorithmischen Verstärkung extremistischer Inhalte kritisiert. Statt einem offenen Diskurs ist die Verbreitung von rechtspopulistischen Narrativen und Hassreden dominanter geworden. Viele Hochschulen sehen hierin eine Bedrohung ihrer Grundwerte wie Vielfalt, Weltoffenheit und wissenschaftliche Integrität.
Ein Beispiel hierfür ist das Gespräch von Elon Musk mit AfD-Chefin Alice Weidel, in dem viele Falschbehauptungen zu sensiblen Themen wie Migration und Nationalsozialismus aufgestellt wurden. Diese Entwicklung hat zahlreiche akademische Institutionen dazu bewegt, als Zeichen gegen die Polarisation den Austritt zu erklären.
Lesen Sie auch über Instagram Hacks: 10 Tipps für mehr Engagement und Follower
2. Fehlende Moderation und Verbreitung von Desinformation
Nach Aussagen der beteiligten Hochschulen hat die Plattform ihren Moderationspflichten nicht mehr ausreichend nachgekommen. Falschinformationen und manipulative Inhalte konnten weitgehend ungefiltert verbreitet werden. Die Heinrich Heine Universität Düsseldorf, die die Initiative „#WissXit“ einleitete, erklärte, dies widerspreche fundamentalen Prinzipien einer faktenbasierten Kommunikation und der wissenschaftlichen Aufklärung.
3. Gefährdung der akademischen Reputation
Hochschulen sind angewiesen auf Vertrauen und Glaubwürdigkeit. Durch die Nutzung einer Plattform, die sich zunehmend antidemokratischen Kräften verschreibt, riskieren sie langfristig ihre akademische Reputation. Der Austritt soll klarstellen, dass wissenschaftliche Institutionen für Wahrheit, Freiheit und Toleranz stehen.
Auswirkungen auf die akademische Kommunikation
Der Abschied von Plattform X wirft einige Herausforderungen auf. Universitäten haben soziale Medien lange genutzt, um Forschungsergebnisse, Veranstaltungen und aktuelle Entwicklungen mit der Öffentlichkeit zu teilen. Der Verlust dieses Kommunikationskanals bedeutet, dass neue Wege gesucht werden müssen, um mit Studierenden, Forschern und Interessierten in Kontakt zu treten.
1. Suche nach Alternativen
Viele der ausscheidenden Hochschulen haben bereits angekündigt, auf alternativen Plattformen wie Mastodon und Bluesky aktiv zu werden. Diese Plattformen versprechen eine dezentralisierte und werteorientierte Kommunikation, die den akademischen Grundprinzipien besser entspricht. Die Universität Heidelberg etwa hat verlauten lassen, dass sie bereits Strategien entwickelt, wie sie den Wechsel auf Mastodon organisieren kann.
2. Lokale und direkte Kommunikationsmittel
Einige Institutionen, wie die Universität Ulm, setzen stärker auf eigene Kanäle wie Newsletter oder Websites. Dies könnte langfristig dazu führen, dass Hochschulen unabhängiger von kommerziellen Plattformen agieren.
3. Breitere gesellschaftliche Diskussionen
Die Initiative hat nicht nur die Aufmerksamkeit der Wissenschaftsgemeinschaft erregt, sondern auch den öffentlichen Diskurs über die Rolle und Verantwortung sozialer Medien beeinflusst. Fragen wie „Welche Plattformen fördern demokratische Werte?“ und „Wie kann die Wissenschaft die Hoheit über ihre Inhalte behalten?“ stehen nun im Vordergrund.
Lesen Sie auch über Social Media Marketing: So erstellst du eine erfolgreiche Strategie für dein Unternehmen
Die breiteren Implikationen für Europa
Der Trend, Plattformen zu verlassen, die verstärkt kontroverse Inhalte fördern, könnte einen Präzedenzfall für andere europäische Institutionen schaffen. Mit sozialen Medien als Schlüsselwerkzeug der Wissenschaftskommunikation wird die Debatte auch auf EU-Ebene geführt. Unter der Leitung von Ursula von der Leyen hat die EU-Kommission angekündigt, striktere Regeln einzuführen, um Desinformation und Radikalisierung im Netz zu bekämpfen.
Vorstellbar ist, dass auch andere Sektoren, wie Kulturorganisationen oder Gewerkschaften, diesem Beispiel folgen könnten. Tatsächlich haben sich bereits Gewerkschaften wie ver.di, der SC Freiburg und der Bundesgerichtshof aus ähnlichen Gründen von X zurückgezogen.
Alternativen zu Plattform X – Ein Überblick
1. Mastodon
Mastodon ist eine dezentrale Plattform, die Vielseitigkeit und Anpassungsfähigkeit erlaubt. Anders als X sind Inhalte nicht auf einen zentralen Algorithmus angewiesen, was die Verbreitung von extremeren Meinungen reduziert.
2. Bluesky
Die neue, offene Plattform bietet verbesserte Datenschutzstandards und erlaubt es Nutzern, Inhalte gezielt zu moderieren oder filtern. Sie entwickelt sich zunehmend zur bevorzugten Wahl für Organisationen, die sich mehr Kontrolle über ihre Kommunikationsstrategien wünschen.
3. LinkedIn und spezifisch akademische Netzwerke
LinkedIn und Netzwerke wie ResearchGate bieten stärker fokusierte Plattformen für wissenschaftliche Inhalte, wenn auch ohne die Reichweite klassischer Social Media Plattformen.
Vorteile dieser Entwicklung
Trotz der Herausforderung kann der Austritt langfristig gesehen eine Chance sein. Universitäten könnten durch neue, werteorientierte Plattformen ein authentischeres Publikum erreichen. Zudem könnten sie Kompetenzen im Bereich der eigenständigen digitalen Kommunikation aufbauen.
Die Verlagerung des Diskurses weg von Plattformen, die durch wirtschaftliche Interessen gelenkt werden, hin zu offenen Netzwerken könnte auch dazu beitragen, die Rolle der Wissenschaft in der Gesellschaft zu stärken.
Lesen Sie auch über Was ist ein Thread?
FAQs zu Hochschulen und Plattform X
Warum haben Hochschulen Plattform X verlassen?
Hochschulen haben sich aus Protest gegen die algorithmische Förderung rechtspopulistischer Inhalte, zunehmende Hassrede und Desinformation zurückgezogen.
Welche Alternativen nutzen Hochschulen jetzt?
Viele wechseln zu Plattformen wie Mastodon oder Bluesky, die dezentral organisiert sind und striktere Wertevertretungen bieten.
Wie beeinflusst dieser Schritt die Wissenschaftskommunikation?
Universitäten müssen neue Wege entwickeln, um ihre Zielgruppen zu erreichen, was zu einer Diversifizierung ihrer digitalen Kommunikation führen könnte.
Welche weiteren Organisationen haben X verlassen?
Neben Hochschulen haben auch Gewerkschaften wie ver.di, der Bundesgerichtshof und Sportvereine wie der SC Freiburg ihre Aktivität auf X eingestellt.
Ist dieser Schritt ein europäisches Phänomen?
Die Entscheidung spiegelt breitere europäische Diskussionen über die Verantwortung sozialer Medien in der Förderung demokratischer Werte wider.
Fazit
Die Entscheidung von Hochschulen, Plattform X zu verlassen, ist ein wichtiges Signal gegen die zunehmende Radikalisierung und für die Werte faktenbasierter Kommunikation. Mit Mastodon, Bluesky und eigenen Kanälen haben sie Alternativen gefunden, die nachhaltig und zukunftsorientiert sind. Das Beispiel zeigt, wie wichtig es ist, digitale Räume zu gestalten, die den Dialog fördern, anstatt ihn zu polarisieren.