
Die jüngsten Sammelabschiebungen aus Deutschland in den Irak haben nicht nur politisch, sondern auch gesellschaftlich für Aufsehen gesorgt. Am 17. Februar 2025 fand ein Abschiebeflug mit 47 Menschen statt. Darunter waren Personen aus elf Bundesländern, einige von ihnen hatten eine kriminelle Vergangenheit.
Begleitet wurde der Flug von massiven Protesten, unter anderem von Organisationen wie dem Flüchtlingsrat Niedersachsen. Die Aktion hat die hitzige Debatte um Deutschlands Migrationspolitik erneut entfacht. Kritiker werfen der Regierung eine menschenrechtswidrige Praxis vor, während Befürworter von einem notwendigen Schritt sprechen.
Dieser Artikel beleuchtet den aktuellen Stand der Abschiebungen, die Hintergründe der Proteste und die Auswirkungen auf die Migrationspolitik in Deutschland.
Abschiebeflug nach Bagdad – die Fakten
Am 17. Februar 2025 hob ein Charterflug der Freebird Airlines in Hannover mit Ziel Bagdad ab. Insgesamt 47 Menschen wurden abgeschoben, darunter auch neun Straftäter. Die betroffenen Personen kamen aus verschiedenen Bundesländern, wobei Niedersachsen mit 16 Personen die größte Gruppe stellte. Laut Angaben des niedersächsischen Innenministeriums stand die Abschiebung nicht im Zusammenhang mit der Bundestagswahl, sondern sei Teil langfristiger Planung (Quelle).
Doch der Flug verlief nicht ohne Probleme. Laut Polizei musste das Flugzeug aufgrund von winterlichen Wetterbedingungen enteist werden, was zu einer Verspätung führte (Quelle). Währenddessen kam es am Flughafen Hannover zu Protesten gegen die Abschiebung. Demonstranten äußerten Bedenken über die Sicherheitslage im Irak und die Gefahr, der Abgeschobene ausgesetzt sein könnten (Quelle).
Abschiebeflug Hannover–Bagdad | Zahlen und Fakten |
---|---|
Datum | 17. Februar 2025 |
Abflugzeit | 09:18 Uhr |
Ziel | Bagdad, Irak |
Anzahl abgeschobener Personen | 47 |
Anzahl der Straftäter | 9 |
Bundesländer der Betroffenen | 11 |
Kritik von Menschenrechtsorganisationen
Die Proteste gegen die Abschiebungen waren deutlich hörbar. Der Flüchtlingsrat Niedersachsen sowie weitere Organisationen wie „Seebrücke“ und das „Netzwerk gegen Abschiebung“ äußerten scharfe Kritik an der Praxis. Besonders umstritten war die Abschiebung eines 30-jährigen Jesiden, der aus einer Region stammt, die vom Genozid des Islamischen Staats (IS) schwer gezeichnet ist (Quelle).
Laut dem Flüchtlingsrat Niedersachsen treffen Rückführungen in den Irak regelmäßig Menschen, die sich seit Jahren intensiv um eine Integration in Deutschland bemühen. Ein Sprecher erklärte dazu:
„Die Abschiebung reißt die Betroffenen aus ihrem sozialen und familiären Umfeld heraus. Viele haben im Irak weder ein Sicherheitsnetz noch Perspektiven.“
Zusätzlich führt der Flüchtlingsrat an, dass die Sicherheitslage im Irak weiterhin instabil sei. Besonders in Nordirak gebe es aufgrund der Nachwirkungen des IS-Terrors immer wieder terroristische Angriffe und politische Spannungen (Auswärtiges Amt Lagebericht Irak).
Politische Reaktionen und Debatten
Während Menschenrechtsorganisationen die Abschiebungen scharf kritisieren, rechtfertigen Politik und Behörden diese als notwendigen Schritt. Ein Sprecher des niedersächsischen Innenministeriums erklärte, dass die Betroffenen freiwillig hätten ausreisen können. Da dies nicht geschah, sei die Abschiebung gesetzlich zwingend gewesen (n-tv).
Anhänger schärferer Migrationspolitik, wie einige Mitglieder konservativer Parteien, sehen in den Abschiebeflügen ein wichtiges Signal. Sie fordern eine konsequentere Umsetzung von Abschiebungen, um das deutsche Aufenthaltsrecht durchzusetzen (Mediendienst Integration).
Auf der anderen Seite warnen Oppositionspolitiker wie Vertreter der Partei Die Grünen davor, die Menschenrechte der Betroffenen zu missachten. Sie plädieren für ein Ende der Sammelabschiebungen und setzen sich für individuelle Lösungen ein, insbesondere für gefährdete Minderheiten wie die Jesiden (Quelle).
Die Lage im Irak
Die Bundeswehr hat den Irak 2021 verlassen, doch das Land steht weiterhin vor enormen Herausforderungen. Laut einem Bericht des Auswärtigen Amtes ist die Lage in vielen Teilen des Landes kritisch. Der Wiederaufbau verläuft schleppend, die Wirtschaft liegt am Boden und die politischen Spannungen halten an (Quelle). Hinzu kommen die Folgen des Genozids am jesidischen Volk, bei dem tausende Menschen vertrieben, getötet oder versklavt wurden.
Diese Umstände machen Abschiebungen in den Irak besonders umstritten. Flüchtlingsorganisationen fordern daher einen generellen Abschiebestopp für irakische Staatsangehörige. Sie verweisen auf die Gefahren durch Terrorismus, Armut und Vertreibung, die viele Rückkehrer erwarten.
Zahlen und Fakten zu Abschiebungen in den Irak
Die Anzahl der Abschiebungen in den Irak hat sich in den vergangenen Jahren deutlich erhöht. Laut Angaben der Bundesregierung wurden 2024 insgesamt 699 Personen aus Deutschland in den Irak abgeschoben. Das entspricht mehr als einer Verdopplung im Vergleich zu 2023 (Bundestagsdrucksache).
Jahr | Anzahl der Abschiebungen in den Irak |
---|---|
2023 | 300 |
2024 | 699 |
Neben den Abschiebungen entscheiden sich viele Menschen für eine freiwillige Rückkehr. Dafür stehen Förderprogramme wie REAG/GARP zur Verfügung, bei denen die Rückkehrer finanzielle Unterstützung für den Neuanfang erhalten (REAG/GARP Informationen).
Die Rolle der Europäischen Union
Die deutsche Migrationsdebatte findet auch im Kontext der EU statt, insbesondere mit Blick auf deren Dublin-Abkommen. Diese regeln die Zuständigkeit von EU-Ländern für Asylanträge. Abschiebungen in andere EU-Mitgliedsstaaten, sogenannte Dublin-Überstellungen, machen einen erheblichen Teil der deutschen Rückführungen aus (EU Dublin-Verordnung).
Die Europäische Union plant derzeit eine Reform des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems. Ziel ist es, die Lasten gerechter zu verteilen und Verfahren zu beschleunigen. Kritiker sehen darin jedoch die Gefahr, dass die Rechte von Geflüchteten eingeschränkt werden könnten.
Abschiebungen im Spiegel der Gesellschaft
Die Thematik der Abschiebungen bleibt ein emotionales Zündthema in Deutschland. Während Befürworter die strikte Anwendung des Rechts fordern, setzen sich zahlreiche Bürgerinitiativen für die Rechte schutzbedürftiger Menschen ein. Die jüngsten Abschiebungen in den Irak verdeutlichen, wie tief gespalten die Gesellschaft in dieser Frage ist.
Die Demonstrationen in Kiel, Hannover und anderen Städten machen deutlich, dass ein großer Teil der Bevölkerung nicht bereit ist, still zuzusehen (Quelle). Viele Stimmen fordern eine humanere Migrationspolitik, die den Menschenrechtsverpflichtungen Deutschlands besser gerecht wird.
Fazit
Die Sammelabschiebung von 47 Menschen in den Irak ist ein weiterer Ausdruck der kontroversen Migrationspolitik Deutschlands. Während die Befürworter die Durchsetzung des Aufenthaltsrechts hervorheben, steht die Frage nach einem menschenwürdigen Umgang mit Geflüchteten im Raum.
Die Lage bleibt angespannt – sowohl politisch als auch gesellschaftlich. Es ist klar, dass Abschiebungen ein Thema bleibt, das weiterhin Debatten auslöst und das Potenzial hat, die Gesellschaft zu spalten. Entscheidend wird sein, ob es gelingt, eine Balance zwischen Rechtssicherheit und Menschlichkeit zu finden.